Gedankenaustausch mit der Führungsspitze des Landesrechnungshofs
Im Fokus: die Finanzsituation des Landes
Die Finanzsituation des Landes ist alles andere als rosig. Das behauptet nicht nur die grün-schwarze Landesregierung. Ein entsprechendes Szenario zeichnen auch die Haushaltshüter beim Rechnungshof Baden-Württemberg. Obwohl die Beamtinnen und Beamten in der vergangenen Legislatur bereits rund 400 Millionen Euro zur Konsolidierung des Haushalts beigetragen haben, muss sich der BBW auf ein hartes Ringen und großes Verhandlungsgeschick einstellen, um neue gravierende Sparmaßnahmen im Beamten- und Versorgungsbereich zu verhindern, zumindest aber um diese abzumildern. Dieses bittere Resümee ziehen BBW-Chef Volker Stich und sein Vize Joachim Lautensack nach dem Gespräch mit Max Munding, dem Präsidenten des baden-württembergischen Rechnungshofs, und weiteren führenden Vertretern der Behörde.
Rechnungshofpräsident Munding und Rechnungshofdirektor Dr. Georg Walch listeten Punkt für Punkt auf, warum die Beamtinnen und Beamten beim Sparen auch diesmal nicht außen vor bleiben könnten. Munding versicherte, die Deckungslücke im Landeshaushalt habe sich nicht erst nach dem Regierungswechsel aufgetan, sondern sei bereits im Finanzplan des Landes Baden-Württemberg für die Jahre 2015 bis 2020 und im mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2015 bis 2019, jeweils vom Januar 2016, enthalten gewesen. Aus seiner Sicht basierten diese Zahlen auf zwei Problemkreisen: zum einen die Ausgaben im Flüchtlingsbereich, die auf der Basis von Zahlen aus 2015 errechnet worden seien. Der andere Problemkreis betreffe den Länderfinanzausgleich, bei dem sich die Länder auf einen Kompromissvorschlag geeinigt hätten.
- Rechnungshofdirektor Dr. Walch ging bei den Zahlen ins Detail und erläuterte, dass der Finanzplan 2020 sowie die mittelfristige Finanzplanung 2015 bis 2019 eine Deckungslücke von bis zu 2,8 Milliarden Euro aufweisen. Nach Untersuchungen des Rechnungshofs habe im Jahr 2011 die Deckungslücke 2,5 Milliarden Euro betragen und sei um 1,4 Milliarden konsolidiert worden. Hiervon habe sich Grün-Rot bei den Beamtinnen und Beamten mit rund 400 Millionen Euro an Einsparungen bedient, z.B. durch die Streichung der vermögenswirksamen Leistungen, die auf drei Jahre befristete Absenkung der Eingangsbesoldung und diverse Kürzungen bei der Gewährung von Beihilfe. In der aktuellen Deckungslücke seien für den Flüchtlingsbereich Ausgaben von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr enthalten. Auch ohne diese Ausgaben bleibe ein Defizit von rund 800 Millionen bis zu einer Milliarde Euro, sagte Walch. Hinzu komme eine vorläufige Konjunkturkomponente im Hinblick auf die Schuldenbremse. Er sehe deshalb Konsolidierungsbedarf auf der Einnahme- und Ausgabeseite. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 46,8 Milliarden Euro bleiben laut Walch nach dem Abzug von Zinsen, dem Länderfinanzausgleich, den Ausgaben aufgrund von Bundesgesetzen und durchlaufenden Mitteln noch drei Blöcke übrig, in denen das Land Handlungsspielräume habe:
- bei den Zuweisungen an die Kommunen/kommunaler Finanzausgleich nach dem FAG, der mit knapp 12 Milliarden Euro brutto ein rundes Viertel des Haushaltsvolumens ausmache. Aufgrund einer Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden sei eine Kürzung der Zuweisungen um 300 Millionen Euro erfolgt, befristet bis Ende 2016. Ab 2017 sei eine Kürzung um 300 Millionen Euro bereits eingerechnet, die tatsächliche Entwicklung ab 2017 bleibe abzuwarten.
•bei den Personalausgaben in Höhe von 16,58 Milliarden Euro, die noch um die Personalaus-gaben für die Landesbetriebe in Höhe von rund 2,7 Milliarden Euro zu ergänzen sind, so dass sich Personalkosten von rund 19,5 Milliarden Euro ergeben. Hiervon entfallen rund 7,8 Milliarden Euro auf Beamte und Richter, 4,5 Milliarden Euro auf Versorgungsbezüge, 1,5 Milliarden Euro auf Beschäftigte, 800 Millionen Euro auf Beihilfe für Versorgungsempfänger und rund 400 Millionen Euro auf Beihilfe für Aktive. - Als dritter Block verbleibe ein Rest von rund 4,85 Milliarden Euro für Sachausgaben der Landespolitik. Darin seien z. B. 1,2 Milliarden Euro für Privatschulförderung enthalten.
Konsolidierungsmaßnahmen könnten daher den Personalausgabenblock nicht aussparen, sagte Walch. Bei den Beamtinnen und Beamten gebe es hier zwei Stellschrauben: Die Zahl der Stellen oder individuelle Leistungskürzungen.
Rechnungshofpräsident Munding plädiert für eine Verringerung der Stellenzahl. Ziel müsse es sein, mit weniger Stellen auszukommen, da sich ansonsten die Mitarbeiter ihre Stellen selbst finanzieren müssten. Aufgrund der Rekrutierungsprobleme im öffentlichen Dienst müssten die Beschäftigungsbedingungen finanziell attraktiv gehalten werden. Dies bedeute, dass einer Ausweitung der Stellen entgegengetreten und Aufgaben abgebaut werden müssten.