Gesetzentwurf zur Novellierung des Landesreisekostenrechts
BBW kritisiert: Novelle legt Schwerpunkt auf Einsparungen bei Dienstreisen
Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Landesreisekostengesetzes (LRKG), der Landestrennungsgeldverordnung (LTGVO) und der Verwaltungsvorschrift (VwV) zum LRKG, den das Finanzministerium am 1. August ins Beteiligungsverfahren gegeben hat, ist beim BBW auf erhebliche Kritik gestoßen. Die Organisation spricht in ihrer Stellungnahme von einem Entwurf, der offensichtlich den Schwerpunkt auf Einsparungen bei Dienstreisen setzt und bemängelt, dass eine Vielzahl der vom BBW in früheren Stellungnahmen vorgebrachten Anregungen nicht berücksichtigt worden sind.
Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen, nämlich mit einer Informationsveranstaltung zu den Eckpunkten der Novelle, zu der das federführende Finanzministerium am 15. November 2016 die beteiligten Institutionen, Gewerkschaften und Verbände eingeladen hatte. Eine solche Veranstaltung im Vorfeld des Beteiligungsverfahrens ist nicht gang und gäbe und wurde von den Beteiligten deshalb auch positiv aufgenommen. Entsprechend hoch waren beim BBW die Erwartungen, dass sowohl die erste Stellungnahme zu den Eckpunkten der Novelle vom November 2016 und die zweite vom Mai 2017 im Rahmen der frühzeitigen Information sich auf das Gesetzgebungsverfahren positiv auswirken würden. Die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Am 1. August hat das Finanzministerium den endgültigen Gesetzentwurf ins Beteiligungsverfahren gegeben. Er hat beim BBW für ein gerüttelt Maß an Enttäuschung gesorgt.
Die Enttäuschung spricht aus jeder Zeile der Stellungnahmen. Darin heißt es im allgemeinen Teil:
„Der BBW begrüßt im Allgemeinen die Absicht des Finanzministeriums, das Reisekostenrecht des Landes zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung und des Bürokratieabbaus zu novellieren und hinsichtlich des Mobilitätsverhaltens den Belangen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen.
Auch ist positiv zu bewerten, dass einige Anregungen aus den o. g. Stellungnahmen - wie z.B. die Zusammenführung der bisher drei verschiedenen Sätze bei der Benutzung des privateigenen Kraftfahrzeugs und - im aktuellen Anhörungsentwurf - die zwingende Erstattung der Kosten für die nächsthöhere Klasse bei einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v. H. in dem Entwurf berücksichtigt wurden.
Nach wie vor wurden jedoch zentrale Forderungen des BBW, wie die Erstattung der Kosten für die 1. Klasse der Bahn, die einheitliche Erstattung von mindestens 35 Cent je Kilometer bei der Nutzung des privaten PKW und die Aufhebung der Begrenzung auf 50 % bei Beamten auf Widerruf bzw. in Ausbildung in der Novellierung außer Acht gelassen.
Die Rückmeldungen aus unseren Mitgliedsgewerkschaften zeigen deutlich die Enttäuschung darüber, dass die bisherige Beteiligung zum Gesetzentwurf größtenteils keine wesentlichen Auswirkungen auf die aktuelle Entwurfsfassung gehabt hat.
Die Begrenzung der Erstattung der Bahnkosten auf die 2. Klasse lehnen wir erneut entschieden ab. Der Verweis auf die Möglichkeit von Ausnahmen durch die oberste Dienstbehörde reicht bei Weitem nicht zum Ausgleich der dadurch entstehenden Nachteile für die Dienstreisenden aus. Die ohne Weiteres angenommene Bereitschaft der Behörden zur Verwendung des eigenen Budgets zur Schaffung von Ausnahmen entspricht nicht den realen Verhältnissen. Bei der Umsetzung der Ausnahmen zur Erstattung der 1. Klasse-Kosten im Einzelfall sollte eine unbürokratische Abwicklung gewährleistet werden.
Im Nahverkehr und auf einigen Strecken der Deutschen Bahn, wie z. B. Bodensee nach Stuttgart, ist es für Dienstreisende größtenteils unzumutbar, 2. Klasse zu fahren. Die Züge sind oft so überfüllt, dass an ein Arbeiten nicht zu denken ist. Ohne das 1. Klasse-Ticket stehen den betroffenen Beamten und Beamtinnen überwiegend nur noch Stehplätze zur Verfügung. Die oftmals mehrstündige Fahrtzeit kann unter diesen Umständen keinesfalls zur Vorbereitung oder Nachbereitung von Terminen genutzt werden, was sich in Anbetracht der zunehmenden Arbeitsverdichtung negativ auf die Produktivität der Dienstreisenden auswirkt.
Die Streichung der 1. Klasse-Erstattung wird letztendlich einen enormen Anstieg der privaten KFZ-Nutzung nach sich ziehen, wodurch das Ansinnen der Landesregierung, den Belangen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen, ad absurdum geführt wird. Viele Personalräte haben uns bereits signalisiert, dass sie bei vorgeschriebener Nutzung der 2. Klasse wieder auf das Auto umsteigen werden. Dies bleibt bei den finanziellen Auswirkungen bezüglich der geschätzten Mehrkosten aus der Klimaausgleichszahlung für dienstlich veranlasste Flüge in Höhe von 250 Tsd. Euro bisher unberücksichtigt. Außerdem führen längere Abwesenheitszeiten - bei zudem fehlender Möglichkeit zum Arbeiten im Zug - infolge der KFZ-Nutzung zu höheren Tagegeldern.
Der Gesetzentwurf bleibt selbst hinter den Ankündigungen in den Eckpunkten für eine Novellierung des Reisekostenrechts zurück. So wird nun auf die Erstattung der Kosten der 1. Klasse ab einer bestimmten Fahrtdauer und/oder bei Vorliegen besonderer dienstlicher Gründe verzichtet. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass der aktuelle Entwurf im Vergleich zu den vorangegangenen Eckpunkten noch in stärkerem Maße auf Einsparungen bei Dienstreisen gerichtet ist, was sich insbesondere durch die Übertragung der Verantwortung für die Erstattung der Kosten der 1. Klasse auf die Ressorts mit dem Hinweis auf die angebliche Selbstregulierung übers jeweilige Budget in der Begründung zeigt.
Weiterhin fehlt es an der Zusammenführung der bisher verbleibenden zwei verschiedenen Sätze (25 und 35 Cent je Kilometer) zu einer einheitlichen Wegstreckenentschädigung von mindestens 35 Cent je Kilometer. Im Hinblick auf die gestiegenen Kosten halten wir eine Anhebung der Wegstreckenentschädigung für erforderlich.
Die unveränderte Beibehaltung der lediglich 50 %-igen-Kostenerstattung für Beamte auf Widerruf oder in Ausbildung verstärkt die ohnehin gravierende Nachwuchsproblematik im öffentlichen Dienst. Statt die Rahmenbedingungen für Dienstanfänger attraktiver zu gestalten, wird dadurch die Abwanderung der jungen Generation in die private Wirtschaft begünstigt. Die eingefügte Ausnahmeregelung durch die oberste Dienstbehörde reicht aus unserer Sicht nicht aus.
Anzumerken ist weiter, dass trotz der Reduktion der Regelungsdichte von 24 auf 14 Paragraphen und Wegfall der Landesauslandsreisekostenverordnung, durch die Möglichkeit zum Erlass von Verwaltungsvorschriften (z.B. in § 4 Abs. 1 LRKG) oder Ausnahmen (z.B. in § 11 Abs. 2 LRKG) das Erreichen von Übersichtlichkeit erschwert wird.“
Stellungnahme des BBW zur Novellierung des Landesreisekostenrechts