01. Juni 2016

BBW kritisiert Entlassung der Regierungspräsidenten Schmalzl und Schmidt

Vorgehen ist fragwürdig und zudem verfassungsrechtlich bedenklich

Der BBW – Beamtenbund Tarifunion hat mit Befremden zur Kenntnis genommen, dass nach Grün-Rot jetzt auch Grün-Schwarz mit den beiden Regierungspräsidenten von Stuttgart und Tübingen, Johannes Schmalzl (FDP) und Jörg Schmidt (SPD) verdiente Beamte ohne Not in den Ruhestand schickt. BBW-Chef Volker Stich spricht von nicht nachvollziehbarem Vorgehen. Zudem hält er die Entscheidung für verfassungsrechtlich bedenklich.

Stich bezweifelt, dass die Amtschefs der Regierungspräsidien, nämlich die Leiter von nachgeordneten Behörden, überhaupt politische Beamte sein können. Er beruft sich dabei auf Prof. Dr. Josef Franz Lindner von der Universität Augsburg, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie, der basierend auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts allenfalls die Amtschefs von Ministerien, also Ministerialdirektoren als politische Beamte akzeptiert.

Nach dem Beamtenstatusgesetz können Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wenn ihr Amt eine „fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung“ erfordert. Diesen Passus im Gesetz zum Anlass zu nehmen, um Jörg Schmidt und Johannes Schmalzl abzusetzen, ist für den BBW nicht nachvollziehbar.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seinem Vize, Innenminister Thomas Strobl hält der BBW-Vorsitzende vor, sie verschanzten sich kommentarlos zur Sache hinter der lapidaren Aussage, die Entlassung der beiden Spitzenbeamten sei „letztlich eine politische Entscheidung“. Die Einlassung Kretschmanns, der Schritt habe nichts mit der persönlichen Leistung der betroffenen Personen zu tun, mache die Angelegenheit nicht besser. Sowohl Schmidt, der zwar erst im Oktober als Nachfolger des verstorbenen Hermann Strampfer (CDU) ins Amt gekommen war, als auch Schmalzl, der dienstälteste Regierungspräsident im Land, seien während ihrer Amtszeit stets loyale Spitzenbeamte und verlässliche Partner der Regierung gewesen. Warum das ausgerechnet bei Schmalzl, der fünf Jahre der grün-roten Landesregierung gedient habe, jetzt nicht mehr gelten soll, sei unbegreiflich und spreche für sich.

Vor diesem Hintergrund begrüßt es der BBW, dass sich der bisherige Amtschef im Tübinger Regierungspräsidium gegen seine Versetzung in den vorläufigen Ruhestand gerichtlich zur Wehr setzen will. Nach Einschätzung des BBW-Vorsitzenden hat Schmidt durchaus Chancen. Stich setzt dabei nicht zuletzt auf den Augsburger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Josef Franz Lindner, der politische Beamte vor dem Hintergrund der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums generell für einen „Systemfehler“ hält.

Lindner vertritt die Auffassung, der politische Beamte sei heute zwar „eine akzeptierte, gleichwohl paradoxe Figur des Berufsbeamtentums“. Obwohl das Institut des politischen Beamten im System des Beamtenrechts „schwere Brüche“ verursacht, sehe es die geltende Rechtslage in Bund und Ländern in beträchtlichem Ausmaß vor. Eine verfassungsrechtliche Betrachtung zeige, dass der politische Beamte zwar im Grundsatz zulässig ist. Wenig betrachtet worden sei bislang allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Anforderungen jüngst deutlich verschärft habe. Vor diesem Hintergrund sei das Institut des politischen Beamten grundsätzlich zu überdenken, jedenfalls auf wenige Ausnahmefälle zu beschränken.

Nachfolger von Johannes Schmalzl in der Stuttgarter Behörde wird Wolfgang Reimer (Grüne). Er war bisher Amtschef im Ministerium für Ländlichen Raum. Das Tübinger Regierungspräsidium soll Klaus Tappeser (CDU) übernehmen.