17. Januar 2018

Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen“:

Verwaltungsgericht Stuttgart beanstandet Erstattung von Übernachtungskosten für Lehrkräfte als zu gering

Die Erstattung von Übernachtungskosten für Lehrkräfte nach der Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen“ aus dem Jahr 2002 in Höhe von pauschal 18 Euro pro Nacht ist zu gering. Das hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart mit Urteil vom 14.12.2017 (veröffentlicht am 10.01.2018) entschieden und das beklagte Land Baden-Württemberg verpflichtet, der Klägerin, einer verbeamteten Lehrerin, die laut ihrem Antrag vom Januar 2017 geforderten weiteren Übernachtungskosten für eine Klassenfahrt in Höhe von 44 Euro zu erstatten (Az.: 1 K 6923/17).

Die Bestimmung in der Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen" des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 06.10.2002  besagt, dass bei Dienstreisen, die dieser Verwaltungsvorschrift unterfallen, anstelle des Übernachtungsgeldes eine Aufwandsvergütung in Höhe von 90 % des pauschalen Übernachtungsgeldes nach § 10 Abs. 2 Satz 1 LRKG gewährt wird. Das Gericht beanstandete jetzt, dass diese Regelung nicht dem in § 17 Abs. 1 Satz 1 LRKG normierten Erfordernis genügt, die Aufwandsvergütung entsprechend den notwendigen Mehrauslagen zu bemessen.

Mit diesem Urteil stützt das Verwaltungsgericht Stuttgart die Forderung des BBW, der in seiner Stellungnahme zur Novellierung des Landesreisekostenrechts vom September 2017  eindringlich darauf hingewiesen hatte, dass die Reisekosten von Lehrkräften im Rahmen von genehmigten Klassenfahrten, Studienfahrten, Betriebserkundungen, Schülerbetreuung in Betriebspraktika, etc. („außerunterrichtliche Veranstaltungen“) vollständig ersetzt werden müssen. Viel zu oft, kritisierte der BBW in diesem Papier,  komme es vor, dass Lehrerinnen und Lehrer zwar gern ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und außerunterrichtliche Veranstaltungen durchführen, aber die von ihnen dafür verauslagten Kosten nicht oder nur eingeschränkt vom Dienstherrn erstattet werden. Es sei den Lehrerinnen und Lehrern nicht zuzumuten, die entstandenen Kosten privat zu tragen. Was Aufwands- und Pauschvergütungen betrifft, merkte der BBW zudem an: Die Übernachtungspauschale für Lehrer für außerschulische Veranstaltungen, wie z.B. Landschulheime, sollte angesichts der aktuell durchschnittlichen Zimmerpreise von rund 30 Euro selbst für Jugendherbergen angehoben werden. Wie die aktuelle Rechtsprechung des OVG Lüneburg vom 4. Mai 2017 (Az.: 5 LB 6/16) zum Schulfahrtenerlass des Niedersächsischen Kultusministeriums zeige, entspricht der dortige Erstattungsbetrag von 16,50 Euro pro Übernachtung nicht mehr dem Gebot der Fürsorge.

BBW empfiehlt: Möglichen Anspruch sichern

Um sich aufgrund der VGH-Entscheidung mögliche Ansprüche zu sichern, empfiehlt der BBW allen, denen bei einer außerunterrichtlichen Veranstaltung Übernachtungskosten entstanden sind, auf die nicht von vornherein verzichtet wurde, zunächst innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums von sechs Monaten (gerechnet ab dem Tag nach Beendigung der außerunterrichtlichen Veranstaltung)einen Antrag auf Erstattung der Reisekosten zu stellen. Geschieht dies nicht, ist der Anspruch verfallen.

Wird der Antrag vom Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) mit Verweis auf die derzeitige Rechtslage ganz oder in Teilen abgewiesen, sollte hiergegen fristgemäß innerhalb der Widerspruchsfrist insoweit Widerspruch eingelegt werden, im Fall von unvollständig erstatteten Übernachtungskosten unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart (Aktenzeichen 1 K 6923/17) und der Forderung, die Übernachtungskosten vollständig zu erstatten. Zudem sollten Betroffene eine Aussetzung des Widerspruchsverfahrens unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung beantragen, bis im oben genannten Verfahren eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Ein Formulierungsmuster können Betroffene bei ihrer Fachgewerkschaft oder ihrem Fachverband anfordern.

Der Sachverhalt und wie der VGH sein Urteil begründet

In dem der VGH-Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin im Januar 2017 beim Landesamt für Besoldung und Versorgung unter anderem auch die komplette Erstattung von Übernachtungskosten beantragt, die anlässlich einer mehrtägigen, als Dienstreise genehmigten Studienfahrt einer 11. Klasse im Jahr 2016 nach Prag entstanden waren. Das Hostel hatte für jede Übernachtung Kosten in Höhe von 59,17 Euro pro Nacht in Rechnung gestellt. Davon erstattete das Landesamt für Besoldung und Versorgung der Klägerin nach der genannten Verwaltungsvorschrift aus dem Jahr 2002 lediglich 18 Euro pro Übernachtung (und Frühstück). Ihr hiergegen erhobener Widerspruch blieb erfolglos, worauf die Klägerin im Mai 2017 Klage erhob.

Die 1. Kammer führte in den Urteilsgründen aus: Die Bestimmung in der Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen“ des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 06.10.2002, nach der bei außerunterrichtlichen Veranstaltungen wie Klassen- oder Studienfahrten anstelle des Übernachtungsgeldes eine Aufwandsvergütung in Höhe von 18 € gewährt wird, genüge nicht dem im Landesreisekostengesetz normierten Erfordernis, die Aufwandsvergütung entsprechend den notwendigen Mehrauslagen zu bemessen.

Es sei zwar nicht zu beanstanden, dass das Kultusministerium davon ausgehe, dass den mitreisenden Lehrkräften bei den von der Verwaltungsvorschrift erfassten außerunterrichtlichen Veranstaltungen erfahrungsgemäß geringere Aufwendungen für Verpflegung und Unterkunft als allgemein entstünden. Denn die für die Schüler entstehenden Kosten müssten so niedrig wie möglich gehalten werden und dürften die Eltern nicht in unzumutbarem Maße belasten. Das sich bei Anwendung der Verwaltungsvorschrift ergebende Übernachtungsgeld von 18 € je Übernachtung genüge jedoch nicht dem Erfordernis, die Aufwandsvergütung entsprechend den notwendigen Mehrauslagen zu bemessen. Die Pauschale, an die bei Erlass der Verwaltungsvorschrift im Jahr 2002 angeknüpft worden sei, sei seither unverändert geblieben. Jedenfalls für das streitgegenständliche Jahr 2016 fehle es an Erfahrungswerten, die den Schluss erlaubten, die Gewährung eines Übernachtungsgeldes von 18 € sei generell geeignet, die Übernachtungskosten von Lehrern auf außerunterrichtlichen Veranstaltungen abzugelten. Die der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten beliefen sich auf 59,17 € je Übernachtung. Mit dem ihr gewährten Übernachtungsgeld würden gerade einmal 30 % der tatsächlichen Kosten abgegolten. Darin liege zugleich auch ein Verstoß gegen den in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgegrundsatz. Die Klägerin könne folglich die beantragte Erstattung von weiteren Unterkunftskosten nach den für Beamte allgemein geltenden Vorschriften des Landesreisekostengesetzes beanspruchen.

Das Gericht hat gegen das Urteil die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen. Die Berufung kann von den Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Urteilsgründe eingelegt werden.