Landeskonzeption zum Schutz von öffentlich Beschäftigten vor Gewalt – BBW kritisiert:
Verbindlichkeit der Anwendung bleibt auf der Strecke, was bleibt sind Willenserklärungen und Handlungsempfehlungen
Der BBW begrüßt zwar den Einsatz der Landesregierung, um öffentlich Beschäftigte vor Gewalt besser zu schützen. Zugleich meldet er aber erhebliche Zweifel an, dass die am 18.06.2024 vorgestellte „Ressortübergreifende Landeskonzeption für einen besseren Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor Gewalt im Arbeitsalltag“ dafür taugt. Dieser Konzeption fehle die gesamtpolitische Verantwortung, nämlich die Rückendeckung aller Ressorts. Die Verbindlichkeit der Anwendung bleibe auf der Strecke, kritisiert BBW-Chef Kai Rosenberger. Was bleibe, seien allenfalls wohlwollenden Willenserklärungen und Handlungsempfehlungen.
Rosenbergers Stellvertreter Joachim Lautensack, der aus der Polizei kommt, bringt es auf den Punkt: „Jede Behörde kann machen, was sie will.“ Strukturelle Weichenstellungen habe man versäumt. Schon deshalb werde es auch in Zukunft kein umfassendes Lagebild geben. Zudem sei die Finanzierung des gesamten Projekts ungewiss.
„Wir sind enttäuscht“, erklären Rosenberger und sein Vize unisono. Zum Schutz der Kolleginnen und Kollegen wäre deutlich mehr notwendig gewesen. Der BBW habe seit vielen Jahren den Ministerpräsidenten und die Landesregierung aufgefordert, wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um den permanent immer weiter steigenden Gewalt- und Aggressionsvorfällen gegen öffentlich Beschäftigte entgegenzuwirken. Aus gutem Grunde habe man die Einführung einer Dokumentationspflicht sowie die Erstellung eines umfangreichen Lagebildes gefordert. Doch außer punktuellen Einzelmaßnahmen sei nichts geschehen. Ein Gesamtkonzept blieb aus, ebenso eine gesamtpolitische Absichtserklärung, strukturell gegen die vielfältigen Gewalterscheinungen vorzugehen.
Erst mit der Bewerbung und in der Folge dem Zuschlag für eine Projektförderung und finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), sei etwas Bewegung in die Sache gekommen, sagt BBW-Vize Lautensack. Zugleich merkt er aber kritisch an, dass viel Zeit verloren gegangen sei, bis u.a. auch eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt wurde.
Sowohl beim Projekt INGE (Entwicklung eines it-gestützten Erfassungstools als Grundlage für ein verlässliches Lagebild) als auch in der interministeriellen Arbeitsgruppe hat sich der BBW – insbesondere BBW-Vize Joachim Lautensack – umfassend beteiligt.
Die bisherigen Ergebnisse sowie die Inhalte der Landeskonzeption und beim Projekt INGE bewertet der BBW als gut und wichtig. Doch er beanstandet, dass die jetzt vorgestellte Landeskonzeption lediglich eine freiwillige Handlungsanleitung sei. Jede Behörde und jede Institution könne für sich entscheiden, ob sie sich daran beteiligt oder nicht. Auch die Lagebildanwendung INGE zur Erfassung von Gewaltvorfällen soll laut Planung freiwillig sein. Jedes Ressort und jede Behörde müsse für sich selbst Haushaltsmittel beantragen, um die notwendigen Maßnahmen finanzieren zu können.
Die Folgen einer solchen Regelung sind programmiert, ist man beim BBW überzeugt. Nachdem die kommunalen Landesverbände bereits von „bürokratischem“ Aufwand gesprochen hätten, sei kaum damit zu rechnen, dass man in allen Ressorts und Behörden einheitlich agieren werde.
Falsch ist es aus Sicht des BBW zudem, dass die landesweite zentrale Ansprechstelle bei einer dem Innenministerium nachgeordneten Polizeidienststelle angegliedert werden soll. Damit negiere man den Stellenwert des Gewaltproblems. Eine solche Zentralstelle müsse zumindest beim Innenministerium, besser noch beim Staatsministerium angesiedelt werden.
Sorge bereitet dem BBW darüber hinaus auch noch, dass bislang fraglich ist, ob das Gesamtprojekt angesichts der Haushaltslage nach Ablauf der Fördergelder des BMBF noch finanziert ist.