08. Dezember 2015

Gedankenaustausch mit der Spitze des Städtetags zur Flüchtlingsproblematik

Ob bei der Registrierung, der Technik oder beim Geld: Es hakt an allen Ecken und Enden

Es hakt bei der Registrierung, beim Personal, der Technik und den Finanzen: Der anhaltende Flüchtlingsstrom bedeutet für Städte und Kommunen tagtäglich eine neue Herausforderung. Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Städtetag Baden-Württemberg, nennt die Probleme beim Namen. Im gleichen Augenblick lobt sie jedoch auch alle, die anpacken: Jetzt zeige sich, was man am öffentlichen Dienst habe, sagte sie Ende November im Gespräch mit BBW-Chef Volker Stich.

Mit diesem Lob befindet sich Heute-Bluhm in guter Gesellschaft. Ähnlich hatten sich Gemeindetagpräsident Roger Kehle und Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner geäußert, die Stich wenige Tage zuvor aufgesucht hatte, um sich auch bei ihnen über den Stand der Entwicklung aufgrund der Flüchtlingszuwanderung zu informieren.

Nicht nur beim Lob, sondern auch wenn es um Sachverhalte geht, ähneln sich die Aussagen aller drei Gesprächspartner, beispielsweise beim Thema Sicherheit und Unterstützung.

Wo viele Menschen auf engstem Raum zusammen leben, da gibt es hin und wieder Probleme, insbesondere wenn diese Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen. Hier gelte es jegliche Eskalation zu vermeiden, im Interesse der Flüchtlinge und des deutschen Umfelds, sagt Heute-Blum. Dafür brauche man Sicherheitskräfte. Da die Zahl der Polizistinnen und Polizisten aber begrenzt ist, schlägt die Hauptgeschäftsführerin des Städtetags vor, weitere Uniformträger einzusetzen, beispielsweise aus dem Bereich Feuerwehr, THW, Gemeindevollzugsdienst und insbesondere dem freiwilligen Polizeidienst. Letzterer könne hier für deutliche Entlastung sorgen. Zu denken sei auch an neue Lösungen z. B. an gemischte Teams, bei denen auch Sozialarbeiter beteiligt sind, sagt Heute-Bluhm, die fast 20 Jahre lang Oberbürgermeisterin der Stadt Lörrach gewesen ist. Sie weiß um die Erwartungen der Gesellschaft an die Flüchtlinge. Gerade deshalb sei es so wichtig, dass man diesen die Werte europäischer Kultur vermittle, unterstreicht sie im Verlauf der Unterredung mit BBW-Vorsitzendem Stich, BBW-Vize Joachim Lautensack und BBW-Geschäftsführerin und Justitiarin Susanne Hauth.

Die Registrierung der Flüchtlinge, für die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig ist, bleibt wohl noch länger ein Problem. Die Registrierungsvorgänge müssten optimiert werden, sagt Heute-Bluhm, wohlwissend, dass der Behörde dafür noch das Personal fehlt. Das soll sich ändern, hofft man allerorts. Ziel sei es, erläutert Heute-Bluhm, dass erfasste und registrierte Daten „mit der Person mitwanderten“. Dazu sei es erforderlich, IT-Systeme abzustimmen und die Schnittstellen zwischen Land und Bund kompatibel zu machen.

Auf kommunaler Seite besteht laut Gudrun Heute-Bluhm ein hoher Unterstützungsbedarf für Integrationsaufgaben, die Anschlussunterbringung und für den sozialen Wohnungsbau. Dies seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben, unterstreicht die Hauptgeschäftsführerin des Städtetags und betont zugleich: „Integration kann nur kommunal gelingen.“ Kommunen könnten vor Ort schnell organisieren. Dafür brauchten sie jedoch Unterstützung, insbesondere finanzielle Unterstützung, damit sie ihre Aufgaben wahrnehmen können, sagt Heute-Bluhm und verweist auf Bayern, das „echte Zuschüsse für den Wohnungsbau“ gewähre.

Probleme sieht die Hauptgeschäftsführerin des Städtetags auch was schulische Bildung und Sprachkurse anbelangt. Nach ihrem Informationsstand verfügt das Kultusministerium über kein weiteres Lehrpersonal mehr. Man sollte deshalb auch über digitale Sprachkurse nachdenken, meint Heute-Bluhm. BBW-Vorsitzender Stich regt noch etwas anderes an: Laut seinen Informationen aus dem BBW-Lehrerverbänden gibt es nämlich noch fertig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die vom Land bisher nicht eingestellt wurden. „Hier besteht Handlungsbedarf“, sagt Stich und fordert: „Diese Fachkräfte, insbesondere jene mit dem Fach Deutsch, sollte man jetzt einstellen und für Sprachkurse weiterqualifizieren.“