04. Juli 2023

Politisches Sommerfest des BBW – Ehrengast war der Ministerpräsident

Im Fokus: die Bedeutung des Faktors „Freizeit“ beim Werben um Beschäftigte

„Der Markt wird es richten“, hielt BBW-Chef Kai Rosenberger dem Ministerpräsidenten entgegen. Dieser hatte beim Politischem Sommerfest des BBW in Frage gestellt, dass beim Werben um Arbeitskräfte der Faktor „Freizeit“ letztlich eine entscheidende Rolle spielt.

Zum lauten Nachdenken über Sinnerfüllung des Lebens hat sich Ministerpräsident Kretschmann durch BBW-Chef Rosenberger hinreißen lassen. Der hatte zuvor nicht nur die Prioritäten der Generation Z für die Arbeitsplatzwahl benannt, für die „viel Freizeit“ und „sinnhafte Tätigkeit“ noch vor der Bezahlung rangiere.

Zugleich hat Rosenberger auch darauf verwiesen, dass sich der Fachkräftemangel fortsetzen werde. Die Prognosen seien düster. In vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes rechne man bis 2030 mit 30 Prozent weniger Personal. „Die augenblickliche Krise wird das Normal“, warnte Rosenberger und appellierte an die Politik: „Jetzt müssen wir uns darum kümmern, dass der Staat auch künftig funktioniert.“ Dafür sollte man sich das Bestreben jüngerer Menschen nach einer sinnhaften Tätigkeit zunutze machen. Schließlich gebe es nichts Sinnhafteres als den öffentlichen Dienst.

Mit „sinnafter Tätigkeit“ allein sei es aber nicht getan, mahnte der BBW-Vorsitzende. Wer im Konkurrenzkampf mit der Privatwirtschaft bestehen wolle, müsse den Wunsch jüngerer Menschen nach mehr Freizeit akzeptieren. Mit einer 41-Stunden-Woche sei da kaum zu punkten, selbst die 39,5 Stunden, die im Tarifbereich des Landes gelten, seien problematisch.

Stimmen müsse zudem auch die Bezahlung, betonte Rosenberger. Mit einer Entgeltordnung aus dem Jahr 1978 sei allerdings kein Staat zu machen und inzwischen auch nicht mehr mit dem 4-Säulen-Modell, das aufgrund der 14prozentigen Anhebung der Sozialleistungen in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit in Frage zu stellen ist.

„Es gibt viel zu tun.“ Mit diesem Appell übergab der BBW-Chef das Wort an den Ehrengast des Abends. Ministerpräsident Kretschmann gab sich verbindlich. Er räumte die Notwendigkeit einer angemessenen Bezahlung sowohl im Tarif- wie auch im Beamtenbereich ein. Zugleich benannte er aber auch einschränkend die widrigen Rahmenbedingungen wie den Ukrainekrieg und den Klimawandel, auf die man in der mittelfristigen Finanzplanung nicht vorbereitet gewesen sei, die jetzt aber den Haushalt enorm belasteten.

Als „tolle Aussage“ bezeichnete Kretschmann die Äußerung des BBW-Vorsitzenden, es gebe nichts Sinnhafteres als den öffentlichen Dienst. Deshalb müsse das Arbeiten auch attraktiv sein. Darüber sei man mit dem Beamtenbund im engen Austausch, beispielsweise um die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten.

Wenig Verständnis zeigte der Ministerpräsident allerding für das Ansinnen jüngerer Menschen nach „Freizeit, Teilzeit und so weiter“. Damit habe er schon ein paar Probleme: „Wenn ich schon Work-Life-Balance höre.“ Wenn die Arbeit Sinn mache, dann sei auch das Arbeiten Leben. Kritisch äußerte sich der Regierungschef zudem über den Aufschrei vieler, wenn über die Pensionsgrenze diskutiert werde.

Die Feststellung Kretschmanns, im Übrigen sei die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten im Vergleich zur Rente ein gewichtiger Anreiz für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst, rief den BBW-Vorsitzenden umgehend auf den Plan: Der Vergleich beider Alterssicherungssysteme sei unzulässig, wandte Rosenberger ein.  Bei der Beamtenversorgung handele es sich schließlich um eine Vollversorgung. Zur Rente hingegen komme noch eine betriebliche Altersversorgung oder eine private Altersversorgung hinzu.

Dringenden Handlungsbedarf sehen der Ministerpräsident und der BBW gleichermaßen beim Abbau von Bürokratie. Opfer der Überbürokratie sei die Verwaltung, die die Gesetze und Verordnungen rechtstreu umsetzen muss, sagte Kretschmann. Da man die dafür notwendige Anzahl an Mitarbeitern nicht habe und auch in Zukunft kaum bekommen werde, gehe es jetzt darum, das Bürokratiedickicht zu durchforsten und dem Regulierungsbankrott Einhalt zu gebieten. „Lassen Sie uns gemeinsam einen guten Staat gestalten“, warb der Ministerpräsident am Ende seiner Ausführungen und bekam von seinen Zuhörerinnen und Zuhörern im Garten der BBW-Geschäftsstelle freundlichem Applaus.