Beurteilungssystem für Landesbeamte
Finanzministerium will Benachteiligung von Frauen einen Riegel vorschieben
Das Beurteilungssystem für Landesbeamte macht es möglich, dass Frauen auf der Strecke bleiben. Dem will das Finanzministerium jetzt einen Riegel vorschieben. Da im kommenden Jahr turnusgemäß wieder Regelbeurteilungen anstehen, hat das Ministerium in diesen Wochen einen Probebeurteilungslauf in den Finanzämtern angeordnet. Die Ergebnisse werden ausgewertet und gegebenenfalls mit dem Vermerk an die Ämter zurückgeschickt, bei den Beurteilungen nachzusteuern.
BBW-Chef Kai Rosenberger begrüßt die Initiative des Finanzministeriums, insbesondere deswegen, weil es im Zuständigkeitsbereich dieses Ministeriums in der Vergangenheit nicht wenige Frauen gab, die bei der Beurteilung schlechter weggekommen sind als ihre männlichen Kollegen. Und dies lag nicht allein daran, dass in der Finanz- und Steuerverwaltung im Vergleich zu anderen Verwaltungsbereichen viele Beamtinnen arbeiten. Für Kai Rosenberger und Heidi Deuschle, die Landesfrauenbeauftragte des BBW, steht schon lange fest, dass das Beurteilungssystem für die baden-württembergischen Landesbeamten zulässt, dass Frauen ungerecht beurteilt werden. Belegt werde dies durch interne Zahlen und die aktuelle Studie von Lars Oliver Michaelis von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen, sagt Rosenberger. Umso erfreulicher sei es, dass das Finanzministerium alten Gepflogenheiten jetzt einen Riegel vorschieben wolle.
Regelbeurteilungen müssen laut Landesbeamtengesetz spätestens alle drei Jahre stattfinden. Zuletzt mussten sich ein großer Teil der Landesbeamten Anfang 2016 der Beurteilung durch den Vorgesetzten stellen. Das Punktesystem ist komplex. Das Ergebnis war ernüchternd, insbesondere für die Steuer- und Finanzverwaltung, die einen erheblichen Anteil am Gesamtpersonal des Landes ausmacht.
Anlass genug für den BBW und dessen Landesfrauenvertreterin genauer hinzuschauen. Die Erkenntnisse des NRW-Wissenschaftlers Michaelis vor Augen, der vor seiner Untersuchung für Baden-Württemberg bereits in NRW die geschlechtergemäße Beurteilung unter die Lupe genommen hatte, forderten sie geschlechtsbezogene Auswertungen auch im Land.
Am Ergebnis ist nicht zu rütteln: Die Statistik zeigt eine generelle Benachteiligung von Frauen auf. „Die Frauen wurden bis auf eine Besoldungsgruppe durchgehend schlechter beurteilt als die Männer“, hält Rosenberger fest. Der Grund dafür liegt für ihn auf der Hand: Vor allem eine Teilzeitbeschäftigung oder häufige Heimarbeit führten bei den betroffenen Beamtinnen oft zu geringeren Punktzahlen in der Beurteilung als bei Beamten in Vollzeit.
Frauenvertreterin Deuschle legt nach: Vollzeitkräfte erhielten die meisten Spitzenbewertungen. Je höher die Besoldungsstufe, desto weniger Teilzeitkräfte seien als beförderungsfähig beurteilt worden und desto weniger Frauen hätten Spitzenbeurteilungen erhalten. „Familienarbeit wird damit abgestraft“, sagt Deuschle. Denn ungünstige Beurteilungen bremsten auch die Beförderungen.
BBW-Chef Rosenberger mutmaßt: Vorgesetzte beurteilten möglicherweise niedriger, wenn sie den jeweiligen Mitarbeiter nicht ständig sehen. Vielfach herrsche noch das konventionelle Rollenbild mit einer Präsenzkultur vor. Bestätigt sieht sich Rosenberger durch die Untersuchungen des NRW-Wissenschaftlers Michaelis. Aus gutem Grund fordern der BBW-Vorsitzende und die Landesfrauenvertreterin des BBW: „Wir müssen von einer Präsenzkultur zu einer Ergebniskultur kommen.“