14. Oktober 2015

BBW zur Flüchtlingsproblematik: Zusätzliche Aufgaben verlangen zusätzliches Personal

Deshalb: Anreize für Pensionäre schaffen und Hemmnisse durch Versorgungsrecht beseitigen

Das Pensionärsdasein zugunsten eines Arbeitsalltags im Bereich der Flüchtlingsaufnahme, Registrierung, Unterbringung oder Bildung aufgeben – Ruhestandsbeamtinnen und -beamte überlegen da gleich zweimal: Denn finanziell lohnt sich für sie ein solcher Wechsel kaum. Das macht keinen Sinn, sagt Volker Stich, der Landesvorsitzende des BBW – Beamtenbund Tarifunion. Dem baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsminister schlägt er deshalb vor, im Beamtenversorgungsgesetz des Landes eine temporäre Ausnahmeregelung zu schaffen, damit auch für Pensionäre ein finanzieller Anreiz für ein solches Engagement besteht.

Der BBW anerkennt die Notlage von Bund und Ländern in Anbetracht des anhaltenden Flüchlingszustroms. Einer kurzfristigen Linderung durch Neueinstellungen sind Grenzen gesetzt. Der BBW unterstützt deshalb auch das Vorhaben, Pensionäre und ehemalige Tarifbeschäftigte zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben auf freiwilliger Basis vorübergehend in den Dienst zurückzuholen, vorausgesetzt die Kasse stimmt. Das trifft bei Ruhestandbeamtinnen und –beamten allerdings nicht zu. Entsprechend zurückhaltend ist dort die Resonanz auf die Pläne, die gegenwärtig in Bund und Ländern diskutiert werden.

In einem Schreiben an Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid wirft BBW-Chef Stich daher die Frage auf, „wie Anreize für die sich im Ruhestand oder Rente befindenden ehemals öffentlich Beschäftigten geschaffen werden können, sich zeitlich befristet aufgrund der besonderen Notlage und der Dringlichkeit der Aufgaben wieder aktiv in den Dienst einzubringen – sei es z. B. als Lehrerinnen und Lehrer für die Bildung der Flüchtlingskinder und Jugendlichen, sei es als Polizistinnen oder Polizisten oder in der Verwaltung“.

Ein entscheidendes Hemmnis im Beamtenbereich für ein solches Engagement ist nach Auffassung des BBW die Anrechnung von Verwendungseinkommen auf die Versorgung. Denn gemäß § 68 Abs. 6 LBeamtVGBW wird auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (Verwendungseinkommen), d. h. alle Einkünfte aus jeder Beschäftigung im Dienst von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des deutschen öffentlichen Rechts oder ihrer Verbände, auf die Versorgung angerechnet. Im Klartext: In Anbetracht der Höchstgrenze für das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen lohnt es sich für Pensionäre auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze finanziell kaum, eine Tätigkeit im Bereich des öffentlichen Dienstes wieder aufzunehmen. Anders sieht es aus, wenn sie im Bereich der Privatwirtschaft tätig werden. Dann bleiben ihnen nämlich neben ihrem Zusatzverdienst die vollen Versorgungsbezüge.

Eine entsprechende Handhabung hält der BBW jetzt auch bei der Honorierung von Tätigkeiten zur Bewältigung der zahlreichen Aufgaben infolge des Flüchtlingszustroms für angebracht. In seinem Schreiben an Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid regt BBW-Chef Stich daher an, in § 68 LBeamtVGBW eine temporäre Ausnahmeregelung zu schaffen, wonach Einkommen nicht angerechnet wird, welches wegen unaufschiebbarer und zeitgebundener Tätigkeiten im öffentlichen Dienst im Zusammenhang mit dem Anstieg der Asylbewerberzahlen und den in Deutschland gestellten Asylanträgen erzielt wird.

Zudem setze die Gewinnung von pensionierten Beamtinnen und Beamten und ehemaligen Tarifbeschäftigten voraus, dass deren Arbeit angemessen vergütet wird. Die Höhe der Vergütung sollte sich daran orientieren, was z. B. bei Beamtinnen und Beamten bei einer freiwilligen Weiterarbeit über die gesetzliche Altersgrenze hinaus gezahlt wird. Außerdem sollten sie hinreichend in ihre neuen Aufgaben eingeführt und entsprechend qualifiziert und fortgebildet werden.