11. Januar 2017

Bertelsmann-Stiftung plädiert für Abschaffung der Beihilfe

BBW weist Forderung zurück: Beihilfe gehört zum Gesamtpaket der Alimentation und ist damit verfassungsrechtlich geschützt

Der BBW – Beamtenbund Tarifunion weist die Forderung der Bertelsmann-Stiftung nach Abschaffung der Beihilfe für Beamte mit aller Entschiedenheit zurück. Die Beihilfe gehöre neben Besoldung und Versorgung zum Gesamtpaket der Alimentation von Beamten durch ihren Dienstherrn. Wer sie aus diesem Gesamtpaket herauslösen wolle, würde nicht nur die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes mit der Privatwirtschaft im Wettbewerb um qualifizierten Nachwuchs noch zusätzlich schmälern, sondern begebe sich auch auf verfassungsrechtlich sehr dünnes Eis, erklärte BBW-Chef Volker Stich am 11. 01.2017 in Stuttgart.

Tags zuvor hatte die Bertelsmann-Stiftung eine Studie zur Krankenversicherungspflicht für Beamte veröffentlicht, die die Abschaffung von Beihilfe und den weiteren beamtenrechtlichen Sicherungssystemen, wie z.B. der Heilfürsorge, fordert. Laut dieser Untersuchung könnten Bund und Länder um 60 Milliarden entlastet werden, wenn für privatversicherte Beamte dieselbe gesetzliche Krankenversicherungspflicht gelten würde wie für Arbeitnehmer.

Beim BBW hält man nicht nur den propagierten Spareffekt dieser Studie, sondern die zugrunde gelegten Zahlenspiele für unseriös. Die Studie unterstelle bei einer Versicherung der Beamten in der GKV dort Mehreinnahmen von 15 Milliarden Euro jährlich durch deren Beiträge. Die Hälfte davon hätten aber die öffentlichen Dienstherren analog zum Arbeitgeberanteil zu tragen. Hinzu kämen milliardenschwere Anhebungen der Besoldung und Versorgung, um solche zusätzlichen Beitragspflichten auszugleichen. BBW-Chef Stich ist sich sicher: „Von Einspareffekt kann somit keine Rede sein.“ Die Unterstellung, die Dienstherren könnten den Beamten Pflichtbeiträge ohne jede Kompensation auferlegen und dabei noch ihrer Alimentationsverpflichtung genügen, bezeichnete Stich als wirklichkeitsfremd. Er ist sich sicher: „Die Forderung der Bertelsmann-Stiftung, die auf dieser Studie gründet, wird im Sande verlaufen.“

Unterstützung in seiner ablehnenden Haltung und in seiner Kritik bekommt der BBW vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Verbandsdirektor Volker Leienbach erklärte, die Bertelsmann-Stiftung erhebt die Forderung nach einem Radikalumbau der Gesundheitsversorgung aller Beamten in Bund, Ländern und Kommunen, habe dabei jedoch nach eigenen Angaben die (verfassungs-)rechtliche Zulässigkeit und Umsetzbarkeit gar nicht erst geprüft. Eine solche „Studie“ sei auf Sand gebaut und könne schon im Ansatz nicht ernst genommen werden. Auch das Rechenwerk der Studie sei nicht tragfähig. Es blende wesentliche Kostenfaktoren aus.

Eindeutige Positionierung

Eindeutig positioniert sich auch Matthias Schiermeyer, ein Redakteur der Stuttgarter Zeitung, dessen Analysen und Kommentare man weit über die Landesgrenzen hinaus kennt und schätzt. Er sagt klipp und klar: „Das Alimentationsprinzip für die Berufsbeamten hat Verfassungsrang. Eine ausreichende politische Mehrheit, das Prinzip zu beseitigen, ist nicht in Sicht – insofern handelt es sich um Luftdebatten, wenn über massive Einschnitte nachgedacht wird. Die Alimentation ist ferner ein großes Gesamtkonstrukt – wer zentrale Steine aus diesem Bauwerk herauszieht, könnte leicht das gesamte Bauwerk zum Einsturz bringen. Mag sein, das dies beabsichtigt ist – nur sollte man es dann auch offen sagen. Die soziale Absicherung der Staatsbediensteten mit Beihilfe, Unfallfürsorge und Beamtenversorgung sind so sehr aufeinander abgestimmt, dass einzelne Teile, wenn überhaupt, nur mit extrem hohen Umrüstungskosten zu ersetzen sind. Sonst droht den Beamten eine wesentliche Kürzung ihrer Ansprüche. Noch sind Beihilfe und Versorgung wichtige Attraktivitätsfaktoren des öffentlichen Dienstes. Wer dessen Wettbewerbsfähigkeit im Ringen um den Nachwuchs schwächt, stellt letztendlich dessen Handlungsfähigkeit in Frage.“

 

Zur Erinnerung: Der jetzt von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegten Studie ist 2013 eine gemeinsame Aktion der Bertelsmann-Stiftung und der Verbraucherzentrale Bundesverband vorausgegangen. Damals wurde eine Studie zur Finanzierung einer integrierten Krankenversicherung vorgestellt. Ziel war die Verbreiterung der Finanzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversicherung. Nunmehr wurde nach dem Teilbereich „Selbständige“ 2016 der Teilbereich Beamte/Beihilfe einer weiteren Untersuchung durch das IGES Institut nachgeschoben.