03. September 2015

Integrationsministerium legt Entwurf für ein Chancengerechtigkeitsgesetz vor

BBW mahnt: Gute Taten für Menschen mit Migrationshintergrund dürfen nicht zulasten der öffentlich Beschäftigten gehen

Baden-Württemberg ist das Flächenland mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund. Damit sich in den Bereichen des öffentlichen Dienstes hierzulande Chancengerechtigkeit über soziale und ethnische Grenzen hinweg durchsetzt, hat das baden-württembergische Integrationsministerium die Initiative ergriffen und den Entwurf für ein Gesetz zur Verbesserung von Chancengerechtigkeit und Teilhabe vorgelegt. Der BBW begrüßt die Gesetzesinitiative, äußert gleichzeitig aber auch Bedenken und meldet Korrekturen im Detail an.

Ziel der Gesetzesinitiative ist es, durch gezielte Maßnahmen die Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich ihrer Bildungserfolge, ihrer Ausbildungs- und Erwerbsbeteiligung sowie ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abzubauen. Kurz: die interkulturelle Öffnung der Landes und seiner Verwaltung soll weiter vorangebracht und die Integrationsstrukturen im Land gestärkt werden. Auch die Hochschulen und Schulen will man in die Pflicht nehmen. Die Schulen sollen beispielsweise Eltern, insbesondere auch solche mit Migrationshintergrund, bei der Wahrnehmung ihrer Elternrechte unterstützen. Entgegenkommen will man den Menschen mit Migrationshintergrund auch in besonders sensiblen Bereichen wie dem Justiz- und Maßregelvollzug. Zudem will man die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie in Gremien angemessen vertreten sind, auf deren Besetzung das Land Einfluss nehmen kann und dass sie an wichtigen religiösen Feiertagen den Gottesdienst besuchen können.

Der BBW begrüßt grundsätzlich die mit dem Gesetzentwurf verfolgte Intension, die Teilhabechancen von Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg in wichtigen Lebensbereichen zu verbessern. Für den BBW stellt sich jedoch die Frage, ob das geplante Gesetzesvorhaben in dieser Form zwingend erforderlich ist, um die genannten Ziele zu erreichen oder ob die enthaltenen Regelungen nicht in vielen Bereichen bereits ohne explizite gesetzliche Grundlage funktionieren, somit bereits „gelebte Realität“ darstellen.

Zudem befürchtet der BBW, dass die geplanten „guten Taten“ nicht kostenneutral zu verwirklichen sind. Durch die gesetzlichen Vorgaben würden in vielen Bereichen auf die Beschäftigten zusätzliche Aufgaben „on top“ hinzukommen, beispielsweise im Bereich der Schulen und Hochschulen, aber auch im Justiz- und im Maßregelvollzug. Für das Mehr an Aufgaben bedarf es qualifiziertes Personal in ausreichender Anzahl, mahnt der BBW. Er hält es deshalb auch nicht für realistisch, wenn das Integrationsministerium in der Begründung zum Gesetzentwurf davon ausgeht, dass das Gesetz für das Land „haushaltsneutral“ umgesetzt werden kann. Dies kann nach Auffassung des BBW nur bedeuten, dass das Land an anderer Stelle Einsparungen vornehmen will. Dagegen wendet sich der BBW aber entschieden: „Die Umsetzung des vorliegenden Gesetzes darf insgesamt nicht zu Lasten der im öffentlichen Dienst Beschäftigten erfolgen.“