26. September 2018

Im Nachtragshaushalt 2018/2019 spielt der öffentliche Dienst keine Rolle

BBW ist verärgert und kündigt eine Verfassungsklage an

Der BBW – Beamtenbund Tarifunion hat kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung im Nachtragshaushalt 2018/2019 keinerlei Mittel bereitstellt, um dem rapide zunehmenden Personalmangel wirkungsvoll zu begegnen. Das nehme der BBW nicht unbeantwortet hin, erklärte BBW-Chef Kai Rosenberger gestern (25.09.2018) gegenüber Stuttgarter Zeitungen. Zugleich kündigte er für Anfang 2019 eine Verfassungsklage an, basierend auf dem Färber-Gutachten, wonach die Besoldung in den unteren Besoldungsgruppen zum Teil verfassungswidrig ist.

Beim BBW könne niemand verstehen, dass trotz sprudelnder Steuereinnahmen dem Nachwuchsproblem im öffentlichen Dienst nicht durch geeignete Maßnahmen begegnet wird, zumal es den in zurückliegenden Monaten habe es aus Regierungskreisen noch anderslautende Signale gegeben habe, kommentierte Rosenberger die Eckpunkte zum Nachtragshaushalt, die das Kabinett am 05.09.2018 beschlossen hat. Der Landesregierung hält er vor, sie habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

 

Geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität im öffentlichen Dienst sind für den BBW angemessene Gehälter und Arbeitszeiten, die Raum für Familie und Freizeit lassen. Im Klartext: Ende der 41-Stunden-Woche samt entsprechender Anpassung der Lehrer-Deputate, die Rücknahme der Verschlechterungen in der Beihilfe für seit Januar 2013 neu eingestellte Beamtinnen und Beamte sowie eine Überarbeitung der Besoldungsstruktur, damit in allen Besoldungsgruppen eine verfassungsgemäße Bezahlung sichergestellt wird. Hier sei Handeln angesagt, wolle man das Personalproblem in den Griff bekommen, sagt der BBW-Vorsitzende und verweist auf die Ist-Situation in den Verwaltungen im Land.

 

Im Zuständigkeitsbereich der Stadt Stuttgart ist jede zehnte Stelle nicht besetzt. Das konnte man dieser Tage der Presse entnehmen. In weiten Teilen der Landes- und Kommunalverwaltungen sieht es nicht viel besser aus. „Das ist bekannt“, sagt Rosenberger und erinnert an die Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Initiative von Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion, aus der hervorgehe, dass allein in der Landesverwaltung mehrere tausend Stellen nicht besetzt sind. Trotz dieser alarmierenden Zahlen negiere die Landesregierung die Notwendigkeit und Dringlichkeit zu handeln und dies bei einem Haushaltsüberschuss von 2,8 Milliarden Euro, kritisiert Rosenberger.

 

Der Landesregierung hält er deshalb vor: Wer sich den Luxus leisten kann, in einem Nachtragshaushalt zwei Milliarden Euro zusätzlich auszugeben, dem sollte die eigene Verwaltung auch etwas Wert sein. Schließlich seien es die Beschäftigten, die aufgrund der Nachwuchsprobleme zunehmender Arbeitsbelastung ausgesetzt sind. Denn sie müssten die Arbeit für ausgeschiedene Kolleginnen und Kollegen mitmachen, da freigewordene Stellen nicht wieder besetzt werden können.

 

Zu guter Letzt empfiehlt Rosenberger der Landesregierung noch einen Blick in andere Bundesländer, deren Haushaltssituation weit schlechter ist als die im reichen Baden-Württemberg und die dennoch Zeichen setzten für ihren öffentlichen Dienst. So schaffe Berlin zum Beispiel rückwirkend zum 01.01.2018 die Kostendämpfungspauschale komplett ab und Rheinland-Pfalz sage bereits im Vorfeld zum nächsten TV-L-Abschluss eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtenschaft zu und verspricht zudem weitere vier Prozent Besoldungssteigerung für die Jahre 2019 und 2020. Kai Rosenberger: „So kann Wertschätzung aussehen.“

 

Da die baden-württembergische Landesregierung ihren Beamtinnen und Beamten im Nachtragshaushalt 2018/2019 trotz zunehmender Arbeitsbelastung infolge des Personalmangels solche Zeichen der Wertschätzung verweigert, zeige der BBW jetzt klare Kante, sagt Rosenberger. Die Regierung sei der Ansicht, die Besoldung sei verfassungskonform. Der BBW sehe das anders und lasse dies deshalb vom Bundesverfassungsgericht überprüfen.

 

Zurückblickend sagt Rosenberger, die Regierung habe in den vergangenen Monaten den Eindruck vermittelt, sie habe verstanden, dass schnelles Handeln notwendig ist. Dieser Eindruck sei offensichtlich trügerisch gewesen. „Wir lassen uns aber nicht ohne weiteres auf den nächsten Doppelhaushalt vertrösten“, erklärt der BBW-Vorsitzende kämpferisch. Erste Signale müssten in diesem Kalenderjahr kommen. Dafür sei der Nachtragshaushalt bestens geeignet.