Finanzministerium informiert: Kulanzregelung bei Widersprüchen läuft aus – Nach dem VGH-Urteil:
Ärger um Nutzung des LBV-Kundenportals für Widersprüche hat ein Ende
Der Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat mit Urteil vom 08.06.2021 - 4 S 1004/21 entschieden, dass auch ausschließlich über das Kundenportal beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) eingelegte Widersprüche die Schriftform wahren und damit rechtskonform sind. Das hat das Finanzministerium mit Schreiben vom 13.08. mitgeteilt. Mit gleichem Schreiben informierte die Behörde auch darüber, dass die aufgrund der Corona-Pandemie getroffene Kulanzregelung, wonach Widersprüche auch über die einmonatige Rechtsmittelfrist hinaus als fristgerecht eingelegt behandelt werden, zum 1. September 2021 ausläuft. Mit dem Ende der Kulanzregelung sind die Widerspruchsfristen wieder zwingend zu beachten.
Die VGH-Entscheidung zur Anerkennung auch von Widersprüchen, die ausschließlich über das Kundenportal des LBV eingelegt werden, wurde beim Finanzministerium und beim BBW erfreut zur Kenntnis genommen. Damit hat der Ärger um die vielen über das LBV-Kundenprotal eingelegten Widersprüche ein Ende, der mit dem Urteil der Vorinstanz vom November vergangenen Jahres begonnen hatte. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs stellt jetzt nämlich klar, dass Formvorschriften nicht Selbstzweck sein dürfen. Nach den Feststellungen des VGH entspricht eine Textnachricht, die im Kundenportal des LBV über den persönlichen Account eingegeben und sodann an die Behörde geschickt wird, den rechtlichen Anforderungen an einen formwirksamen Widerspruch. Damit ist es den Beschäftigten und Versorgungsempfängern des Landes Baden-Württemberg weiterhin möglich, Widersprüche nicht nur schriftlich auf dem Postweg oder per Fax, sondern auch einfach, schnell und rechtssicher elektronisch über das Kundenportal des LBV einzulegen.
Die erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hatte das LBV im März 2021 gezwungen, seinen bis dahin kundenorientierten Umgang mit ausschließlich über das elektronische Kundenportal eingelegten Widersprüchen gegen Verwaltungsakte an die im November 2020 ergangene Rechtsprechung anzupassen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe - 13 K 1896/19 - hatte nämlich in erster Instanz entschieden, dass ein ausschließlich über das Kundenportal beim LBV eingelegter Widerspruch nicht das Schriftformerfordernis nach § 70 VwGO wahrt und entsprechend eingelegte Widersprüche nicht ordnungsgemäß erhoben sind. Der BBW hatte deshalb empfohlen, Widersprüche z.B. gegen Beihilfebescheide oder gegen die Besoldung mit Briefpost oder per Fax einzulegen.
In der Berufungsinstanz hat der Verwaltungsgerichtshof jetzt hingegen Widersprüche, die ausschließlich über das Kundenportal des LBV eingelegt wurden, als wirksam betrachtet.
Das LBV wendet zum 01.09.2021 die aufgrund der Corona-Pandemie kulanter Weise getroffene Regelung, wonach Widersprüche auch über die einmonatige Rechtsmittelfrist hinaus als fristgerecht eingelegt behandelt werden, nicht weiter an. Es gilt dann wieder entsprechend der bundesrechtlichen Regelung in der Verwaltungsgerichtsordnung, dass ein Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt werden muss.
Bekanntlich hatte das Finanzministerium im April 2020 darüber informiert, dass im Wege einer Kulanzregelung, die für den Gültigkeitszeitraum der Corona-Verordnung gilt, auch über Widersprüche in der Sache entschieden wird, die eigentlich wegen Fristversäumnis zurückzuweisen wären. Diese Kulanzregelung für Fristen bei Widerspruchs- und Anhörungsverfahren endet mit Ablauf des 31.08.2021.