20. Januar 2016
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Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Notariats- und Grundbuchamtsreform

Spielraum für Nachbesserungen ausgemacht

Das Maßnahmenpaket zur sozialverträglichen Umsetzung der Notariats- und Grundbuchamtsreform für die Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate wurde zwar von der Landesregierung bereits im Oktober 2015 abgesegnet. Dennoch scheint es Spielraum für Nachbesserungen zu geben. Das signalisierten jetzt Vertreter des Finanz- und des Justizministeriums im Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestarifkommission des dbb, Karl-Heinz Leverkus und der stellvertretenden BBW-Vorsitzenden und Vorsitzenden der Landestarifkommission, Dorothea Faisst-Steigleder.

Wenn das derzeit laufende Interessenbekundungsverfahren abgeschlossen und ausgewertet ist, werden die Beschäftigten vom Land entsprechend individuell informiert. Die Arbeitgeberseite hat zugesagt, die Umsetzung der Maßnahmen in Abstimmung mit dem BBW/dbb durchzuführen und den Dialog alsbald fortzusetzen.

In großer Besetzung war man am 13. Januar 2016 auf Initiative von BBW und dbb in Stuttgart zusammengekommen, um über die Details des Maßnahmenpakets sowie über den aktuellen Stand der Umsetzung der Grundbuchamts- und Notariatsreform zu beraten – auf der einen Seite des Tisches die Vertreter der Ministerien, Ministerialrat Veit Mössler (Leiter Referat 13 (Tarifangelegenheiten) im Finanzministerium und Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeberverbands öffentlicher Dienst BW), Regierungsdirektor Phillip Reuff (Referent Referat 13 und Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands öffentlicher Dienst BW), Joachim Wurster, (Sachbearbeiter beim Arbeitgeberverband öffentlicher Dienst BW), Regierungsdirektor Dr. Frank Schwörer, Michael Schuler, Heiner Römhild (alle Abteilung I Justizministerium, Personal) und auf der anderen die Delegation von BBW und dbb, Karl-Heinz Leverkus (stellvertretender Vorsitzender der Bundestarifkommission), Albena Chipkovenska (Referentin beim Geschäftsbereich Tarif dbb), Dorothea Faisst-Steigleder (stellvertretende BBW-Vorsitzende und Vorsitzende der Landestarifkommission), Renate Conrath (DJG, Mitglied im Bezirks- und Hauptpersonalrats des Justizministeriums) sowie Sarah Leinert ( juristische Referentin beim BBW).

Im Mai 2014 hatte eine Delegation des BBW und dbb zuletzt mit den zuständigen Vertretern des Finanz- und Justizministeriums zusammengesessen, um über die Umsetzung der Grundbuchtamts- und Notariatsreform und ihre Auswirkungen auf die Tarifbeschäftigten in der Justizverwaltung des Landes zu beraten. Inzwischen hat sich viel getan. Es gibt ein Maßnahmenpaket zur sozialverträglichen Umsetzung der Reform für die Tarifbeschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate, das von der Landesregierung bereits beschlossen ist. Abgesegnet von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem Kabinett sind auch die Richtlinien "Notariats- und Grundbuchamtsreform Wechselprämie" und "Notariats- und Grundbuchamtsreform Ausgleichszahlung", die dem Maßnahmenpaket zugrunde liegen.

Die Grundbuchamts- und Notariatsreform ist die größte Strukturreform in der baden-württembergischen Justiz. Während gegenwärtig noch notarielle Aufgaben von drei unterschiedlichen Personengruppen wahrgenommen werden, nämlich von Notaren im Landesdienst bei staatlichen Notariaten, von freiberufliche Nurnotaren und Anwaltsnotaren, werden zum 1. Januar 2018 nur noch freie Notare für diese Aufgaben zuständig sein. Ebenfalls zum Stichtag 1. Januar 2018 werden die über 650 kommunalen und staatlichen Grundbuchämter in 13 grundbuchführende Amtsgerichte eingegliedert. Diese Neuordnung im Grundbuch- und Notariatsbereich wirkt sich insbesondere auf die rund 1.900 Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate aus. Durch Auflösung der derzeit bestehenden circa 300 staatlichen Notariate fallen in erheblichem Umfang Aufgaben weg und somit auch die Stellen für jene, die bislang diese Aufgaben erledigen. Entsprechend umfangreich ist der Maßnahmenkatalog zur sozialverträglichen Umsetzung der Reform, der nach Auffassung von dbb und BBW jedoch noch nachgebessert werden muss.

Stichwort Sonderurlaub

Das Maßnahmenpaket sieht unter anderem vor, dass die Tarifbeschäftigten für die Dauer von fünf Jahren Sonderurlaub gemäß § 28 TV-L in Anspruch nehmen können, um die Tätigkeit bei einem freiberuflichen Notar zunächst zu erproben. Während dieser Zeit bleibt das Beschäftigungsverhältnis mit dem Land bestehen. Diese Zeit gilt als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L.

Im Gespräch mit den Vertretern der Ministerien konnte geklärt werden, dass entgegen des Wortlautes des Maßnahmenpakets die Zeit des Sonderurlaubs auf die Stufenlaufzeit angerechnet wird und die Beschäftigten, sollten sie sich für eine Rückkehr in den Landesdienst entscheiden, so gestellt werden, als wären sie unverändert beim Land weiterbeschäftigt worden.

Stichwort Besitzstandzulage

Beide Seiten waren sich auch einig, dass die Unterbrechung der Entgeltzahlung wegen Inanspruchnahme des Sonderurlaubs ohne Auswirkung für die Weiterzahlung der Besitzstandzulage bleiben muss.

Stichwort Wechselprämie

Das Maßnahmenpaket sieht für Tarifbeschäftigte, die ihr Arbeitsverhältnis zum Land bis spätestens 31. Dezember 2020 durch Abschluss eines Auflösungsvertrages freiwillig beenden, eine Wechselprämie vor. Diese Prämie reduziert sich für Beschäftigte, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens in Teilzeit tätig sind, entsprechend ihres Arbeitsumfangs. Dabei bleibt der Beschäftigungsumfang der vorausgegangenen Dienstjahre außer Betracht, so dass sich eine kurzfristige Reduzierung der Arbeitszeit mindernd auf die Wechselprämie auswirkt.

Mit dieser Regelung zeigten sich die Vertreter von BBW und dbb nicht einverstanden. Sie bezeichneten sie zumindest in den Fällen als ungerecht, in denen die Teilzeittätigkeit durch den Wegfall von Aufgaben im Zuge der Umstrukturierung bedingt ist.

Voraussetzung für den Abschluss eines Auflösungsvertrages und damit verbunden der Gewährung einer Wechselprämie ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht ruht. Damit ist eine Wechselprämie für diejenigen Beschäftigten ausgeschlossen, die sich in dem maßgeblichen Zeitraum in Elternzeit befinden. Auch hier sehen die Vertreter von BBW und dbb Nachbesserungsbedarf. Zudem wiesen sie darauf hin, dass beide Regelungen sich insbesondere nachteilig für Frauen auswirken, die den überwiegenden Anteil der Beschäftigten im Unterstützungsbereich der Notariate ausmachen.

Die Arbeitgeberseite will jetzt prüfen, ob in diesen Fällen eine Nachbesserung des Maßnahmenpakets bzw. eine Ausnahmeregelung in begründeten Einzelfällen möglich ist und die Wechselprämie attraktiver gestaltet werden kann.

Beide Seiten waren sich einig, dass Tarifbeschäftigte, die nicht wechseln wollen und gegebenenfalls eine neue Tätigkeit ausüben müssen, bei einem Verbleib im Landesdienst ihre Eingruppierung beibehalten und die Besitzstände dynamisiert werden. BBW und dbb haben sich in dem Gespräch dafür stark gemacht, dass den Beschäftigten in der Justiz entsprechende Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote unterbreitet werden.


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