17. April 2020
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Modifizierter Umgang mit der Kappungsgrenze für alten Urlaub

In Zeiten der Corona-Pandemie verständigen sich Innen- und Finanzministerium auf Ausnahmeregelung

Urlaub aus dem Jahr 2019, der infolge der Corona-Pandemie nicht bis zum 30. September 2020 genommen werden kann, verfällt nicht. In diesem Jahr gilt ausnahmsweise der erweiterte Übertragungszeitraum bis 31. März 2021, der sonst nur denjenigen vorbehalten ist, die infolge einer Erkrankung ihren Urlaub nicht nehmen können. Auf diese Ausnahmeregelung haben sich das Innen- und das Finanzministerium verständigt. Sie gilt für Beamtinnen und Beamte sowie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen.

Nach derzeitiger Fassung von § 25 Absatz 1 Satz 2 der Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung (AzUVO) verfällt Urlaub aus dem Vorjahr, wenn er nicht bis zum 30. September des nächsten Jahres genommen wird. Wenn er allerdings bis dahin wegen Dienstunfähigkeit infolge Krankheit nicht angetreten werden konnte, verlängert sich diese Frist bis zum 31. März des übernächsten Jahres.

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist der Bezug auf Krankheitsfälle beim erweiterten Übertragungszeitraum zu eng gefasst. Zudem kommt ein Verfall von Urlaub grundsätzlich dann nicht in Frage, wenn die Dienststelle es unterlassen hat, insbesondere auch durch Aufklärung und Belehrung über den Verfall und Aufforderung den Urlaub zu nehmen, die Beamtin oder den Beamten tatsächlich in die Lage zu versetzen, den Urlaub zu nehmen (vgl. Rechtssachen C-684/16, RdNr. 45, 46 und C-619/16, RdNr. 52, 53, C-214/16, RdNr. 65).

Laut Innenministerium ist eine entsprechende Anpassung der AzUVO an die EuGH-Rechtsprechung in der derzeit in Arbeit befindlichen Änderung der AzUVO vorgesehen. Aufgrund der aktuellen Lage und des damit verbundenen hohen Arbeitsanfalls könne jedoch derzeit keine verbindliche Aussage getroffen werden, bis wann die Änderung der AzUVO abgeschlossen sein wird.

Deshalb spricht sich das Innenministerium in Abstimmung mit dem Finanzministerium – bis zur Anpassung der AzUVO-Regelung an europäisches Recht – dafür aus, dass in Zeiten der Corona-Krise ausnahmsweise der erweiterte Übertragungszeitraum des 31. März des übernächsten Jahres in § 25 Absatz 1 Satz 2 AzUVO entsprechend auch für solche Fälle gelten soll, in denen Beamtinnen und Beamte Urlaub bis zum 30. September des nächsten Jahres aufgrund von Gründen, die in der Sphäre der Dienststelle liegen und durch die Pandemie bedingt sind, tatsächlich nicht oder nicht vollständig nehmen konnten. Obwohl die Rechtsprechungskompetenz des EuGH sich zunächst (nur) auf den europarechtlichen (Mindest-) Urlaubsanspruch von 20 Tagen bezieht, soll auch bei den darüber hinaus zustehenden gesetzlichen Urlaubsansprüchen nach der AzUVO entsprechend vorgegangen werden.

Von dieser Ausnahmeregelung erfasst werden sollen jedoch ausschließlich die Fälle, bei denen aus dienstlicher Veranlassung und im Zusammenhang mit der Pandemie Urlaub nicht ermöglicht werden kann oder bewilligter Urlaub widerrufen werden muss und er deshalb nicht bis zum Ende der allgemeinen Übertragungsfrist noch genommen werden kann. Bei der Entscheidung über die dienstliche Notwendigkeit der Maßnahme soll ein strenger Maßstab angelegt werden. Vorrangig sollen die Dienststellen durch eine frühzeitige Urlaubsplanung und ggf. organisatorische Maßnahmen darauf hinwirken, dass der Urlaub vor dem 30.09.2020 genommen werden kann. Darüber hinaus sei von der genehmigenden Dienststelle zwingend dafür Sorge zu tragen, dass übertragener Alturlaub über eine vorausschauende Urlaubsplanung zeitnah genommen wird; eine geballte Inanspruchnahme über Weihnachten oder ein Hinausschieben bis Ende März 2021 soll vermieden werden.

Dass Urlaub eventuell innerhalb der allgemeinen Übertragungsfrist in eine für Beamtinnen und Beamte ungünstigere Jahreszeit fallen würde bzw. dass aufgrund der Corona-Pandemie die Reisemöglichkeiten bzw. die Möglichkeiten der individuellen Urlaubsgestaltung eingeschränkt sein können, veranlasse und rechtfertige jedoch ausdrücklich keine weitere Übertragungsmöglichkeit bis zum 31. März des nachfolgenden Jahres, sofern die Beamtin oder der Beamte bis dahin tatsächlich in die Lage versetzt wurde, den Urlaub zu nehmen.

Nicht erfasst von der erweiterten Übertragung über den 30. September 2020 hinaus sind die Fälle, bei denen lediglich aus eigener Motivation und ohne dienstliche Gründe auf die Inanspruchnahme des (Rest)Urlaubs verzichtet wird.

In allen Fällen ist nach der EuGH-Rechtsprechung erforderlich, die Beamtinnen und B-amten rechtzeitig auf den drohenden Urlaubsverfall hinzuweisen und sie aufzufordern, ihren Resturlaub zu nehmen.