Der Flüchtlingszustrom ist abgeebbt, viele Unterkünfte in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sind verwaist. Probleme mit der Registrierung, Unterbringung und Verpflegung von Asylsuchenden gehören der Vergangenheit an. Jetzt geht es um die Integration derer, die im Land bleiben dürfen. Schaltstelle für diese Aufgabe ist das Sozialministerium.
Im Gespräch mit Spitzenvertretern des BBW erläuterte Sozialminister Manfred Lucha im Oktober 2016, wo die Zuständigkeit seines Hauses beginnt und was man sich vorgenommen hat, um den Menschen Schritt für Schritt den Weg in die neue Heimat zu ebnen. „Ab dem Zeitpunkt, in dem die Geflüchteten eine Bleibeperspektive haben, sind wir für sie zuständig“, verdeutlichte Lucha den vom Land eingeschlagenen Weg bei der Versorgung und Integration der Flüchtlinge. Ziel sei eine zweistufige Versorgung, wonach möglichst nur die Menschen in die Fläche kommen sollen, die auch hier bleiben dürfen.
Voll Anerkennung sprach der Minister von den Beschäftigten und den vielen Ehrenamtlichen, die im vergangenen und auch noch in den ersten Monaten dieses Jahres zur Bewältigung der Flüchtlingskrise bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen seien. Die unteren Erstaufnahmebehörden seien bis April 2016 kontinuierlich aufgestockt worden, sagte Lucha. Jetzt gebe es dort Entspannung. Rückblickend erinnerte der Minister daran, dass es im Jahr 2015 mehr als 100.000 Geflüchtete in Erstaufnahme gegeben habe, 80.000 davon seien in den Landkreisen angekommen. Nach ihrer Anerkennung als Asylsuchende habe man sie in die Gemeinden verteilt. Entsprechend soll der Personalbedarf nun auf die Kommunen umgebrochen werden, erläuterte Lucha. Deshalb sei er derzeit dabei, einen Pakt für Integration mit den Kommunen zu verhandeln.
Die Frage von BBW-Chef Volker Stich, ob es im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung der Flüchtlingen ähnliche Probleme gegeben habe wie in den Gesundheitsämtern, die kaum Ärzte finden können, weil die Behörde ärztliches Personal schlechter bezahlt als Kliniken, verneinten der Minister und führende Beamte seines Hauses unisono.
Christine Engelhardt (Leiterin des Referats Haushalt, Controlling) erklärte, es hätte 29 zusätzliche Arztstellen gegeben, die gut besetzt werden konnten.
Ministerialdirigent Schumacher (Leiter der Abteilung 1 Innerer Service, Europa) ergänzte, im Wesentlichen hätten sich Frauen beworben; die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei eindeutiges Plus bei der Stellenbesetzung. Zudem würden nun Kurse an den Hochschulen angeboten, um den öffentlichen Gesundheitsdienst mit seinen Aufgaben bekannt zu machen.
Minister Lucha bekräftigte: Die Attraktivität des öffentlichen Gesundheitsdienstes sei aus seiner Sicht durch das Gesundheitsdienstgesetz (ÖGDG) und das Landesgesundheitsgesetz (LGG) mit Gesundheitskonferenzen etc. gesteigert worden. Zurückkommend zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge wies er darauf hin, dass er sich für eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge ausgesprochen habe, die nicht gekommen sei. Für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive gebe es eine Regelversorgung. Die positive Bewertung des öffentlichen Dienstes als Dienstherr und Arbeitgeber durch den Sozialminister und leitende Mitarbeiter seines Hauses veranlassten den BBW-Vorsitzenden zu dem eindringlichen Appell, dass sich die Bedingungen im öffentlichen Dienst nicht weiter verschlechtern dürften. Schließlich gebe es bereits Schwierigkeiten, qualifizierten Nachwuchs für die Steuerverwaltung, die technische Fachverwaltung und die Schulen, selbst für die allgemeine Verwaltung zu gewinnen. Minister Lucha konterte mit der Feststellung, dass sich die Frage der Personalgewinnung nicht nur im öffentlichen Dienst stelle. Für ihn liegt der Grund dafür unter anderem an der Attraktivität des einzelnen Berufes. Fakt sei zudem, dass es einen Arbeitskräftemangel gebe, eben nicht nur einen Fachkräftemangel. Dieser Arbeitskräftemangel lässt sich nach Einschätzung des Sozialministers auch nicht durch die Geflüchteten ausgleichen. Zugleich sprach er sich jedoch auch für Flüchtlinge für einen unkomplizierten Zugang zum Arbeitsmarkt mit flexiblen Lösungen aus.
BBW-Chef Stich unterstrich in diesem Zusammenhang, dass es bei der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst wichtig sei, Bewerber zu finden, die sich mit dem Dienstherrn/Arbeitgeber identifizieren. Zugleich gab er zu bedenken, dass die Sparmaßnahmen zu Lasten öffentlich Beschäftigter, die nach wie vor im Raum stünden, sich alles andere als positiv für die Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs auswirkten. Aus Sorge über die Zukunft des öffentlichen Dienstes und seiner Beschäftigten habe der BBW der Landesregierung bereits mehrfach den Dialog angeboten. Gesprächsangebote seien aber bisher – mit Ausnahme der Terminvereinbarung für einen Jour-Fixe mit dem Minister im Staatsministerium – nicht beantwortet worden. Der BBW erwarte, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann wie auch sein Stellvertreter, Innenminister Thomas Strobl, ihre Zusagen zum Dialog einlösten.
Minister Lucha versprach, „das Anliegen des BBW-Vorsitzenden mit ins Kabinett zu nehmen“. Wichtig war ihm in diesem Zusammenhang aber auch der Hinweis, dass den öffentlichen Dienst und seine Beschäftigten betreffend keine „rauen Töne“ zu hören seien. Mit dem Hinweis auf die Schuldenbremse schloss er allerdings Spareingriffe nicht aus, sprach jedoch von „ertragbaren Schmerzen“ für alle.
BBW-Vize Kai Rosenberger ließ diese Aussage nicht unbeantwortet stehen: Die Beschäftigten erwarteten dringend ein positives Signal, erklärte er. Zugleich wies er darauf hin, dass die Flüchtlingszahlen stetig sinken, die Steuerschätzungen aber zunehmend höhere Steuereinnahmen vorhersagten, sodass mehr Geld da sei.
Zu der Unterredung im Sozialministerium waren im Oktober 2016 der Minister für Soziales und Integration Manfred Lucha, Ministerialdirigent Schumacher (Leiter der Abteilung 1 Innerer Service, Europa), Christine Engelhardt (Leiterin Referat Haushalt, Controlling) und Dr. Schäfer (Leiter Referat Integration und Arbeitswelt, Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Qualifikationen) mit BBW-Chef Volker Stich, seinen Stellvertretern Joachim Lautensack und Kai Rosenberger sowie BBW-Geschäftsführerin und Justitiarin Susanne Hauth zusammengetroffen.