20. September 2021
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Gedankenaustausch mit der Spitze des Kommunalen Versorgungsverband BW (KVBW)

Hamburger Modell – kritische Anmerkungen

Die Einführung einer Bürgerversicherung steht im Parteiprogramm von Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen im Land haben sich dafür schon mal auf den Weg gemacht, befürchtet BBW-Chef Kai Rosenberger. Mit dieser Sorge ist er nicht allein. Das wurde beim Gedankenaustausch mit Spitzenvertretern des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg (KVBW) deutlich.

Denn nicht nur beim BBW ist man überzeugt, dass mit der Einführung des Hamburger Modells, die im Koalitionsvertrag mit der CDU festgeschrieben wurde, ein erster Schritt in Richtung Bürgerversicherung vollzogen wird. Auch beim KVBW nimmt man entsprechende Tendenzen in Richtung Bürgerversicherung wahr.

Wen wundert dies? BBW-Chef Rosenberger bringt es auf den Punkt: Das von den Grünen hochgelobte Hamburger Modell bringe keine echte Wahlfreiheit, dafür für einen langen Zeitraum höhere und auch noch stetig steigende Kosten für die Dienstherren und die gesetzlichen Krankenkassen. Hinzu komme, dass Parallelstrukturen und Parallelsystemen aufrecht zu erhalten wären, da nicht davon auszugehen sei, dass alle Beamtinnen und Beamte vom Angebot des Hamburger Modells Gebrauch machen würden und dies zum Teil auch gar nicht könnten. Zudem seien zusätzliche finanzielle Belastungen des gesamten Gesundheitssystems zu erwarten.

Unter der Rubrik „Gesetzliche Krankenversicherung öffnen“ heißt es auf Seite 19 des Koalitionsvertrags: „Beamte des Landes Baden-Württemberg sollen sich ohne finanzielle Nachteile für die Mitgliedschaft in der GKV entscheiden können.“  Beim Hamburger Modell bedeutet das im Klartext, dass der Dienstherr anstelle der Beihilfe für privat versicherte Beamtinnen und Beamte und für gesetzlich Versicherte den Arbeitgeberanteil übernehmen würde.

Die grün-schwarze Koalition sieht darin keine Veränderung der bundesrechtlichen Normen für die Mitgliedschaft in der GKV sowie des Beihilfesystems.

Beim BBW wie auch beim KVBW hingegen sieht man fachliche, auch verfassungsrechtliche Unsicherheiten, nebst bislang ungeklärten Detailfragen. Im Übrigen deckt sich die beiderseitige Einschätzung überwiegend mit den Erkenntnissen des baden-württembergischen Staatsministeriums, das im Bericht der Landesregierung zu Beschlüssen des Landtags zu verschiedenen Petitionen in der Drucksache 16/9980 vom 25.02.2021 zu dem Ergebnis kommt: Das Hamburger Modell biete kein echtes Wahlrecht und käme zudem das Land teuer zu stehen.

Vor diesem Hintergrund ist es fachlich weiter zu hinterfragen, warum die grün-schwarze Landesregierung eine Einführung des Hamburger Modells in Baden-Württemberg plant.

An der gut eineinhalbstündigen Unterredung, die am 10. September stattfand, nahmen für den KVBW Direktor Frank Reimold, Geschäftsführer, Ralf Lindemann, Leiter Geschäftsbereich Mitglieder und Leistungen, Joachim Müller, Leiter Beihilfeabteilung, und für den BBW Landesvorsitzender Kai Rosenberger und BBW-Vize Joachim Lautensack teil.

Einen Blick hinter die Kulissen des Unternehmens ermöglichte den BBW-Vertretern die umfassende Darstellung des Aufgabenspektrums, der Leistungsfähigkeit und der bundesweiten Vernetzung des KVBW mit seinen rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ebenso wie die Unternehmensstrategie für eine nachhaltige und dauerhaft kostendeckende Finanzierung der Leistungen, insbesondere bei Besoldung, Versorgung und Beihilfe.

Beeindruckend war auch, dass sich der KVBW mit einer eigenen Entwicklung und Pflege der IT „unabhängig“ vom Markt gemacht hat und sich damit auch sehr zielgenau auf die Kundeninteressen einstellen kann. Eine funktionierende APP zur Beihilfebeantragung gibt es beim KVBW schon seit einigen Jahren, wird gut genutzt und entlastet die Sachbearbeitung erheblich. Neben der digitalen Beantragung steht den Kunden selbstverständlich auch noch die „analoge“ Beantragung zur Verfügung.