18. Dezember 2015
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Landkreistagpräsident Walter gegenüber BBW-Spitzenvertretern:

Flüchtlingsansturm ist nur zu schaffen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen

Täglich kommen neue Flüchtlinge in den Stadt- und Landkreisen an. Sie sind zuständig für deren vorübergehende Unterbringung, sobald die Asylsuchenden nach Registrierung und Medizincheck die Landeserstaufnahmen verlassen. Landkreistagpräsident Joachim Walter ist zuversichtlich: „Wir schaffen den täglichen Ansturm“, sagte er im Gespräch mit BBW-Chef Volker Stich und BBW-Vize Joachim Lautensack, fügt aber sogleich einschränkend hinzu: „wenn wir entsprechende Rahmenbedingungen haben.“

Die Schuld daran, dass die Rahmenbedingungen bis heute nicht stimmen, weist Walter der Landesregierung zu. Trotz eindeutiger Hinweise über das Ausmaß des Flüchtlingszustroms habe man dort nicht rechtzeitig die Weichen für einen geordneten Ablauf bei der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge gestellt.

Die Unterredung mit Landkreistagpräsident Walter, an der auch Professor Eberhard Trumpp, Hauptgeschäftsführer beim Landkreistag, und BBW-Justitiarin und BBW- Geschäftsführerin Susanne Hauth teilgenommen haben, fand am 8.12.2015 in der Geschäftsstelle des Landkreistags in Stuttgart statt. Der Gedankenaustausch mit Walter, der auch Landrat im Landkreis Tübingen ist, gehört zu der Gesprächsreihe, in deren Verlauf sich BBW-Chef Stich und seine Delegation über die Probleme vor Ort im Zusammenhang mit dem anhaltenden Flüchtlingszustrom informieren wollen.

Die angespannte Situation rund um die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge erläuterte Landtagspräsident Walter seinen Gesprächspartnern anhand von Zahlen: Allein im November seien knapp 50 000 Flüchtlinge nach Baden-Württemberg gekommen. Auch im Dezember sei der Zustrom nicht abgerissen. Am 7. Dezember weise der Lagebericht die Ankunft von über eintausend Asylsuchenden aus, sagte Walter und forderte Taten: „Es ist höchste Zeit, dass das Krisenmanagement in einen geordneten Verwaltungsbetrieb übergeht.“ Denn bis zum heutigen Tage fehle es an der „Disposition“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien auf sich gestellt und angespannt, was nicht verwundere.

Für Landtagspräsident Walter ist es weniger die Zahl der ankommenden Flüchtlinge, die Probleme bereitet, sondern vielmehr die hohe Geschwindigkeit des Flüchtlingszustroms. Größtes Problem sei die Registrierung. Er plädiert deshalb für die Wiederbelebung des dezentralen Bezirksstellenmodells, mit dem Anfang der 90er Jahre gearbeitet worden sei und das sich bewährt habe: Damals habe es in den vier Regierungsbezirken Bezirksstellen gegeben, bei denen auch Asylkammern der Verwaltungsgerichte eingerichtet waren.

Zum Thema Rückführung merkte Walter kritisch an, dass bei siebenundsiebzigtausend bestandskräftigen ablehnenden Bescheiden des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) es im Jahr 2015 nur 2600 Rückführungen gegeben habe.