30. März 2015
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Der Streit um Anpassung von Besoldung und Versorgung geht in die nächste Runde

Einigung im Tarifstreit – Es gibt mehr Geld für die Tarifbeschäftigten

Einigung im Tarifstreit. Die Tarifbeschäftigten der Länder bekommen mehr Geld, 4,61 Prozent verteilt auf die Jahre 2015 und 2016. Darauf haben sich die Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) am 28. März 2015 in Potsdam im Verlauf der vierten Verhandlungsrunde verständigt. Während der dbb beamtenbund und tarifunion dem Gesamtpaket zugestimmt hat, das auch die Zusatzversorgung und die Entgeltordnung für angestellte Lehrer mit einschließt, klinkten sich die DGB-Gewerkschaften beim Einstieg in einen Flächentarifvertrag für Lehrer aus.

Damit gibt es erstmals im öffentlichen Dienst der Länder zwei unterschiedliche Tarifverträge, einen dbb Abschluss mit Entgeltordnung und einen ver.di Abschluss ohne. „Eine bemerkenswerte Entwicklung im Hinblick auf das Tarifeinheitsgesetz, das die Bundesregierung erst vor wenigen Wochen auf den Weg gebracht hat“, kommentierte Volker Stich, dbb Vize und BBW-Chef, den Vorgang.

Zur Sache selbst erklärte Stich: Der Beamtenbund sei pragmatisch - während die Lehrergewerkschaft GEW „die reine Lehre durchsetzen will“. Im Übrigen sei es unlogisch, die Differenz zu den Beamten beim Nettogehalt auszugleichen. Andere Ansätze seien sinnvoller. So seien beispielsweise die angestellten Lehrer in Baden-Württemberg und Bayern schon relativ nah bei den Beamtengehältern. Stich bezweifelt, dass die GEW nun über gesonderte Länderregelungen weiterkommt. Denn nach seiner Einschätzung würde ein Land, wenn es mit der GEW einen Vertrag zur Entgeltordnung vereinbart, aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ausgeschlossen.

Mit den vereinbarten Gehaltserhöhungen zeigte man sich im Gewerkschaftslager insgesamt zufrieden. Der Zweite dbb-Bundesvorsitzende und Verhandlungsführer des dbb beamtenbund und tarifunion, Willi Russ, ging noch einen Schritt weiter. Er bezeichnete das Gesamtpaket als „tragfähigen Kompromiss“. Zugleich forderte er die Ministerpräsidenten der Länder auf, die mit dem Tarifabschluss erzielten Gehaltserhöhungen zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Mit dieser Forderung lag er ganz auf Linie von BBW-Chef Volker Stich, seinem Kollegen in der dbb Bundesleitung. Nachdem das Tarifergebnis steht, geht jetzt der Streit um die Anpassung von Besoldung und Versorgung in die nächste Runde. Stich verlangt mit noch mehr Nachdruck von der grün-roten Landesregierung die Eins-zu-eins-Übernahme der vereinbarten Gehaltssteigerungen auf den Beamten- und Versorgungsbereich, sprich die 2,1 Prozent für 2015 und die 2,3 Prozent, mindestens aber 75 Euro für 2016 sollen zeit- und inhaltsgleich übertragen werden.

Seine Forderung untermauert Stich mit dem Hinweis, dass schließlich alle Regierungen in der Tarifgemeinschaft der Länder grünes Licht für den Tarifabschluss gegeben hätten, sich also des Kostenpakets für die Beamten bewusst gewesen seien. Zudem verweist er auf die Regierungen in Bayern, Hamburg und Rheinland-Pfalz, die sich bereits auf eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung festgelegt haben.

„Zwingt mich nicht vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe“, warnt Stich deshalb auch die Regierung Kretschmann und spricht in diesem Zusammenhang von „einem besonderen politisches Signal kurz vor der Landtagswahl“ Mitte März 2016. Für Stich steht außer Frage: Wenn Grün-Rot die Anpassung von Besoldung und Versorgung erneut um bis zu zwölf Monate verschiebt, bedeute dies für Beamte im höheren Dienst eine Nullrunde. Dann bliebe dem BBW wahrscheinlich nur noch der Gang nach Karlsruhe, es sei denn, die Landesregierung lenke ein und übertrage die Tarifsteigerungen ohne Verzögerung.

Doch Stich bezweifelt, dass die Landesregierung auf Kurs des BBW einlenken werde. Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe zwar zugesagt, dass er sich nach der Tarifeinigung mit dem Beamtenbund an einen Tisch setzen wolle. Allzu große Aussichten auf eine Wende verspricht sich Stich von diesem Gespräch allerdings nicht. Er rechnet insbesondere bei den Bündnisgrünen mit Widerstand gegen eine Eins-zu-eins-Übernahme. Im Übrigen geht er davon aus, dass die Landesregierung bereits einen fest umrissenen Plan in der Schublade habe.

Das wurde in Potsdam vereinbart

Das Tarifergebnis 2015/2016 beinhaltet Gehaltssteigerungen von 2,1 Prozent rückwirkend zum 1. März 2015 und 2,3 Prozent, mindestens aber 75 Euro ab 1. März 2016. Der Tarifvertrag endet zum 31. Dezember 2016. Der Verhandlungsführer des dbb zeigte sich zufrieden: „Die lineare Einkommenserhöhung um durchschnittlich 4,61 Prozent, mindestens 75 Euro, stellt sicher, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder in den kommenden zwei Jahren einen echten Reallohngewinn verbuchen können und Anschluss an die Einkommensentwicklung bei Bund und Kommunen halten. Das war für uns der zentrale Benchmark.“ Die Arbeitgeber hätten hier lange gemauert und sich erst durch den Druck der Warnstreiks in den letzten Tagen eines Besseren belehren lassen.

Beide Seiten hätten zudem Flexibilität in zentralen strukturellen Fragen bewiesen. Russ: Die Gewerkschaften hätten Einschnitte bei den Leistungen verhindert, im Gegenzug im Interesse der Zukunftssicherung der Zusatzversorgung eine Erhöhung des Arbeitnehmerbeitrags akzeptiert. Beim Thema Lehrereingruppierung haben die Arbeitgeber zur Kenntnis genommen, dass die Zeiten einseitiger Arbeitnehmerrichtlinien vorbei sind. Nach sechs Jahren teilweise zäher Verhandlungen habe man jetzt erstmals einen umfassenden Tarifvertrag und den konkret verabredeten Einstieg hin zur Paralleltabelle. Damit würden endlich auch die 200.000 Lehrerinnen und Lehrer unter den Flächentarifvertrag fallen.