18. Januar 2018

Mit einer Entscheidung ist erst in einigen Monaten zu rechnen

Streikverbot für Beamte beschäftigt das Bundesverfassungsgericht

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat vor dem Bundesverfassungsgericht das Streikverbot für verbeamtete Lehrer verteidigt. Zugleich lehnte er eine Unterteilung in verschiedene Beamtengruppen ab. Damit liegt de Maizière ganz auf Linie des Beamtenbunds im Bund und in den Ländern. BBW-Vorsitzender Kai Rosenberger erklärte heute (18.01.2018) in dem Verfahren gehe es in letzter Konsequenz um das Berufsbeamtentum, das nicht in Beamte mit und Beamte ohne Streikrecht aufgesplittet werden könne. Nach Durchsicht der Medienberichte baue er darauf, dass diejenigen Prozessbeobachter recht behalten, die davon ausgehen, dass das Streikverbot für Beamte auch künftig Bestand haben wird.

Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird erst in einigen Monaten erwartet.  

In dem Verfahren, das am 17. Januar 2018 mit einer mündlichen Verhandlung eröffnet wurde, stehen vier Verfassungsbeschwerden von verbeamteten Lehrern zur Entscheidung, die wegen ihrer Streikteilnahme disziplinarrechtlich belangt worden waren und für ein Streikrecht für Beamtinnen und Beamte streiten. Dabei berufen sie sich auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Die Beschwerdeführer werden von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt.

Zur Frage des Streikrechts für Beamtinnen und Beamte haben Vertreter des Bundes, der Länder und des dbb in der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts übereinstimmend festgestellt, dass nur ein weitestgehend streikfreier öffentlicher Dienst die öffentliche Daseinsfürsorge sicherstellen könne. Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach sagte am Rande der Anhörung am 17. Januar 2018 in Karlsruhe: „Wer das Streikrecht für Beamte will, legt Hand an einen der Grundpfeiler der Funktionsfähigkeit unseres Staats, die durch den Beamtenstatus mit seinen besonderen Rechten und Pflichten sichergestellt ist.“

Der Bundesinnenminister sieht das ähnlich. Das Streikverbot sichere die Funktionsfähigkeit der Verwaltung, sagte er in Karlsruhe und unterstrich zugleich: Das deutsche Beamtenrecht sei ein Gesamtsystem, in dem Rechte und Pflichten sorgfältig austariert seien. Ohne Streikverbot käme das gesamte System ins Wanken.

Vom Streikverbot für Beamte war lange Zeit nicht mehr die Rede. Erst durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bekam das Thema wieder Konjunktur. Die Straßburger Richter beanstandeten in jeweils einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 und 2009, die beide Fälle in der Türkei betrafen, dass ein absolutes Streikverbot gegen die Menschenrechte verstoße. Für das Bundesverfassungsgericht gilt es jetzt, deutsches und europäisches Recht in Einklang zu bringen. „Die Entscheidung ist hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das Berufsbeamtentum nicht zu unterschätzen“, sagte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Anhörung in Karlsruhe.

Auf Klägerseite sieht man die Problematik offensichtlich nicht. Aus der Befragung der Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter ging hervor, dass man dort von einem Fortbestand des bisherigen Rechte- und Pflichtenverhältnisses ausgeht und das Streikrecht quasi „on top“ dazu erwartet.

So einfach könne man sich das nicht machen, sagt BBW-Chef Kai Rosenberger. Das Beamtenverhältnis nach der bestehenden Verfassungslage beinhalte eine ausgewogene Mischung aus Rechten und Pflichten. Die im Grundgesetzt verankerte Fürsorgepflicht des Dienstherrn und das Alimentationsprinzip seien sozusagen die „Gegenleistung“ für Streikfreiheit im Beamtenbereich, die wiederum garantiere, dass der Staat zu jeder Zeit funktionsfähig bleibe. Die Meinung, man könne das Beste aus beiden Welten verbinden, also Streikrecht mit lebenslanger Arbeitsplatzgarantie samt vollen Besoldungs- und Versorgungsansprüchen, sei weder rechtlich noch gesellschaftlich haltbar.

Dass verbeamtete Lehrer vor dem Bundesverfassungsgericht das Streikrecht für ihren Berufsstand erstreiten wollen, kann Rosenberger ganz und gar nicht verstehen. Schließlich sei der Staat in der Pflicht, den Zugang zu und die Vermittlung von schulischer Bildung flächendeckend und ohne Beeinträchtigung durch Arbeitskampfmaßnahmen zu gewähren. Daher sei es zwingend, den staatlichen Bildungsauftrag, der über Artikel 7 in das Grundgesetz aufgenommen wurde, in die Hände verbeamteter Pädagoginnen und Pädagogen zu legen.