03. Juli 2018

40-Stunden-Woche für Beamte – Landesregierung winkt ab: zu teuer – BBW hält dagegen:

Nur wenn Gehalt und Rahmenbedingungen stimmen, kann man Personal binden und Nachwuchs gewinnen

Jetzt hat sich auch die SPD der langjährigen Forderung des BBW nach Rückkehr zur 40-Stunden-Woche im Beamtenbereich angeschlossen. Doch die Landesregierung, die dieses Ansinnen umsetzen müsste, winkt ab: Zu teuer, verlautet es aus dem Innenministerium. BBW-Chef Kai Rosenberger hält dagegen: „Nur wenn das Gehalt und die Rahmenbedingungen stimmen, kann man Personal langfristig binden und neue Fachkräfte gewinnen.“ Längere Arbeitszeiten hingegen schmälerten die Attraktivität eines Arbeitsplatzes.

Der Landesregierung rät der BBW-Vorsitzende deshalb auch eindringlich, ihre ablehnende Haltung in Sachen Rückkehr zur 40-Stunden-Woche zu korrigieren. Schließlich gebe es schon heute im Beamtenbereich viele tausend Stellen, die nicht besetzt werden könnten, weil der öffentliche Dienst im Konkurrenzkampf mit der Privatwirtschaft um qualifizierte Nachwuchskräfte kaum noch mithalten könne. Fakt sei nun mal, dass es im Werben um Fachkräfte mit einem guten Angebot zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie allein nicht mehr getan ist. Vielmehr spiele die Work-Life-Balance, sprich die Ausgeglichenheit von Arbeitszeit und Freizeit eine zunehmend größere Rolle.

Seit 1. September 2003 gilt für Landes- und Kommunalbeamte eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden. Das heißt, in Baden-Württemberg müssen Beamtinnen und Beamte Woche für Woche eineinhalb Stunden länger arbeiten als ihre Kolleginnen und Kollegen im Angestelltenverhältnis.

Die aktuelle Diskussion um die Arbeitszeit im Beamtenbereich wurde durch die Antwort des Innenministeriums auf einen parlamentarischen Antrag der SPD unter Federführung des Abgeordneten Peter Hofelich (Staatssekretär a. D.) ausgelöst. Die SPD-Abgeordneten hatten unter anderem gefragt, wie die Landesregierung die BBW-Forderung auf Rückkehr zur 40-Stunden-Woche beurteile und inwiefern es konkrete Pläne gebe, dieser Forderung zu entsprechen.

Die Antwort, für die Innenminister Thomas Strobl verantwortlich zeichnet, hat beim BBW für Unmut gesorgt, nicht nur die ablehnende Haltung zu der Forderung selbst, sondern insbesondere jene nebulösen Aussagen, wie die folgende: Nach Auffassung der Landesregierung könne bei der Bewertung der Forderung nach Rückkehr zur 40-Stunden-Woche „nicht allein auf den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abgestellt werden, sondern es sei die unterschiedliche Ausgestaltung beider Systeme insgesamt in den Blick zu nehmen, die einer Angleichung der Arbeitszeit entgegenstehe“.

Was verbirgt sich hinter solchen Aussagen, fragt man sich beim BBW. Ist es etwa die Treuepflicht des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn? Nur dann hätte man beim Innenministerium offenbar vergessen, dass zur Treuepflicht der Beamten im Gegenzug die angemessene Alimentierung durch den Dienstherrn gehöre, sagt BBW-Vorsitzender Rosenberger. Zugleich verweist er darauf, dass das Innenministerium zwar einräume, dass „die Personalgewinnung profitieren könnte, wenn die bereits bestehenden attraktiven Beschäftigungsbedingungen beim Land und in den Kommunen um eine kürzere Wochenarbeitszeit ergänzt würden“. Dennoch bleibe man dort bei der ablehnenden Haltung gegenüber der BBW-Forderung.

Die Gründe sind mal wieder das Geld. Im Ministerium rechnet man mit Zusatzkosten von rund 180 Millionen Euro jährlich, wenn die weggefallene Arbeitszeit durch neue Stellen aufgefangen werden soll. In diese Berechnung wurden jedoch nur die Ministerien und die nachgeordneten Behörden und Betriebe einbezogen. Die Angleichung der Lehrer-Deputate blieb außen vor. Im Extremfall könnten demnach Mehrkosten von 427 Millionen Euro im Jahr entstehen, Kosten, die laut Ministerium weder im Staatshaushalt 2018/2019 noch in der mittelfristigen Finanzplanung eingeplant seien.

Beim BBW hält man trotz dieses Kostenszenarios an der Forderung nach Rückkehr zur 40-Stunden-Woche für Beamtinnen und Beamte uneingeschränkt fest, zumal es derzeit im Haushalt einen Überschuss von rund zwei Milliarden Euro gebe und deshalb selbst die 472 Millionen Euro (inkl. Lehrer) noch bezahlbar seien. Gutes und motiviertes Personal könne man nicht kostenneutral binden und qualifizierte Nachwuchskräfte erst recht nicht für den öffentlichen Dienst gewinnen, warnt BBW-Vorsitzender Rosenberger. Im Übrigen zeichne das Innenministerium mit seinem Kostenszenarium eine Situation, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun habe. Es berechne nämlich Kosten für Stellen, die gar nicht von heute auf morgen zu besetzen seien, insbesondere solange die Rahmenbedingungen nicht stimmten.