16. Mai 2019

Fraktionsspitze der Grünen und der CDU zu BBW-Forderungen vor dem Landeshauptvorstand

Fazit der Politiker: Es gilt abzuwägen was gut wäre und was machbar ist

  • BBW-Landeshauptvorstand am 13. Mai in Leinfelden
    Foto: BBW
    BBW-Landeshauptvorstand am 13. Mai in Leinfelden

Der Forderungskatalog des BBW ist bekannt, inzwischen auch in Kreisen der Politik. Dennoch hat BBW-Chef Kai Rosenberger in Gegenwart der Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Bündnis 90/Die Grünen) und Wolfgang Reinhart (CDU) am 13. Mai 2019 vor dem Landeshauptvorstand seiner Organisation noch einmal aufgelistet, was nach Ansicht des BBW im Doppelhaushalt 2020/2021 berücksichtigt werden sollte. Schwarz wie Reinhart zeigten Verständnis. In der Sache reagierten beide jedoch zurückhaltend. Mit Blick auf die jüngste Steuerschätzung gelte es abzuwägen zwischen „was gut wäre und was machbar ist“.

Nach der jüngsten Steuerschätzung ist in 2019 mit deutlich geringeren Steuermehreinnahmen zu rechnen als im Herbst 2018 prognostiziert. Dennoch würden in diesem Jahr die Steuermehreinnahmen aus dem Rekordjahr 2018 noch einmal übertroffen, relativierte BBW-Vorsitzender Rosenberger im Vorgriff bereits entsprechende Einwände der Politiker noch bevor diese überhaupt zu Wort gekommen waren.

Die Aufstellung des Doppelhaushalts 2020/2021 ist in der Vorbereitung. Anlass für den BBW, zur Frühjahrssitzung des Landeshauptvorstands, der am 13. Mai 2019 in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen tagte, die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen einzuladen. Ziel der Veranstaltung war es, abzuklopfen, in wieweit die Politiker bereit sind, sich für die Forderungen des BBW einzusetzen. Gekommen waren neben den Fraktionschefs Schwarz und Reinhart auch Thekla Walker, die finanzpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, die auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist, und Thomas Blenke, der innenpolitische Sprecher der CDU, der stellvertretender Fraktionsvorsitzender in der CDU-Landtagsfraktion ist. Mitgebracht hatten die Politiker zudem ihre Parlamentarischen Berater für Finanzen, Jochen Stopper (Grüne) und Christoph Keckeisen (CDU).

Die Gesprächsrunde eröffnete BBW-Chef Rosenberger. Der Forderungskatalog seiner Organisation sei lang, räumte er zu Beginn seiner Rede ein, begründete jedoch umgehend auch, warum der BBW vordringlich eine Überarbeitung des Besoldungsgefüges fordere, die Rücknahme der Beihilfeverschlechterungen aus dem Jahr 2013 verlange, an der Forderung nach Angleichung der für den Beamtenbereich geltenden Wochenarbeitszeit an die im Tarifbereich geltende Wochenarbeitszeit festhalte und  sich im Rahmen der Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2019/2020/2021 für einen BW-Bonus on top einsetze.

Die BBW-Forderung auf einen Neuzuschnitt des Besoldungsgefüges basiert auf dem Färber-Gutachten, das nachweist, dass die Besoldung der unteren Besoldungsgruppen an der Verfassungsmäßigkeit schrammt. Hier sei Abhilfe dringend erforderlich, sagte Rosenberger. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass  bei der Besoldung junger Beamtinnen und Beamten der unteren Besoldungsgruppen das Abstandsgebot zur Sozialhilfe, das bei 15 Prozent liegt, nicht eingehalten wird. Im Klartext bedeute dies, dass ein Sozialhilfeempfänger in einer Großstadt des Landes besser gestellt sei als ein junger Beamter der Besoldungsgruppen A5 bis A7, der mit seinem Salär den Unterhalt für seine Familie bestreiten muss.

Für die Forderung nach Rücknahme der Beihilfeverschlechterungen spricht nach Ansicht des BBW allein schon die Tatsache, dass kein anderes Bundesland dem Vorbild Baden-Württembergs bei diesen rigiden Spareingriffen gefolgt ist, die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 in Kraft getreten sind. Als Beleg dafür, dass diese Maßnahme so nicht Bestand haben kann, wertet der BBW sowohl den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Oktober 2018, mit dem die Absenkung der Eingangsbesoldung als nichtig eingestuft wurde, und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom März 2019, mit dem die Absenkung der Einkünftegrenze für den Beihilfeanspruch von Ehe- beziehungsweise Lebenspartnern für unwirksam erklärt wurde.

Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts merkte der BBW-Vorsitzende in Leinfelden-Echterdingen an, das Urteil zur Absenkung der Eingangsbesoldung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 hebe darauf ab, dass einseitige Spareingriffe zulasten der Beamten und Versorgungsempfänger unzulässig seien und kein schlüssiges Konzept zur Haushaltskonsolidierung erkennbar sei. Rosenberger setzt darauf, dass dieses Urteil auch bei den Beihilfeverschlechterungen greift, die die damalige grün-rote Regierung mit demselben Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 zur Konsolidierung des Haushalts auf den Weg gebracht hatte.

Die Absenkung der Einkünftegrenze für den Beihilfeanspruch von Ehe- und Lebenspartnern hat das Bundesverwaltungsgericht wegen formaler Fehler für unwirksam erklärt. Für BBW-Chef Rosenberger war dies der Anlass, die Politiker im Raum darauf hinzuweisen, dass der BBW mit einer Klage reagieren würde, sollte die Regierung die entsprechende Regelung, diesmal ohne Formfehler, erneuern.

Die schnelle Ankündigung von Finanzministerin Edith Sitzmann, das Land werde den Tarifabschluss zeit- und wirkungsgleich auf Besoldung und Versorgung übertragen, hat man beim BBW überrascht, aber auch erfreut zur Kenntnis genommen. Er sei mit dem, was in den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf eingeflossen ist zufrieden, glücklich aber nicht, sagte Rosenberger vor dem Landeshauptvorstand und den Gästen aus der Politik. Glücklich sei er deshalb nicht, weil bei einer systemgerechten Übertragung des Tarifergebnisses die Verbesserungen in der Entgelttabelle nicht fehlen dürften, die immerhin mit 0,505 Prozent zulasten der öffentlichen Arbeitgeber beziehungsweise zugunsten des Tarifbereichs zu Buche schlagen. Diese 0,505 Prozent fordere der BBW zur Anpassung von Besoldung und Versorgung. Denn erst damit könne man von einer systemgerechten Übertragung des Tarifergebnisses auf den Beamten- und Versorgungsbereich sprechen. Zudem verlange der BBW einen BW-Bonus on top. Schließlich habe man vor zwei Jahren bei der Anpassung von Besoldung und Versorgung 2017/2018 den BW-Bonus bewilligt, um den Abstand zur Besoldung in Bayern und zum Bund zu verringern. Weil inzwischen neben Bayern und dem Bund auch Sachsen – trotz dort geltender 40-Stunden-Woche – seine Beamtinnen und Beamten besser bezahlt als das reiche Baden-Württemberg, sei es nur recht und billig weiterhin an diesem Instrument festzuhalten.

Auch wenn aus Politikkreisen immer wieder Ablehnung signalisiert wird, hält der BBW an seiner Forderung nach Angleichung der Wochenarbeitszeit von Beamtinnen und Beamten an die im Tarifbereich geltende unbeirrt fort. Baden-Württemberg  mute seinen Beamtinnen und Beamten im Bundesvergleich die schlechteste Wochenarbeitszeitregelung zu, sagte Rosenberger. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gelte zwar auch noch die 41-Stunden-Woche. Doch im Gegensatz zu Baden-Württemberg  gebe es in beiden Bundesländern einschränkende Zusatzregelungen. „Wir sind offen für praktikable Lösungen mit Lebensarbeitszeitkonten, wenn auf diese Weise die 41-Stunden-Woche abzumildern ist“, signalisierte Rosenberger den Politikern im Saal, fügte jedoch unmissverständlich hinzu: „Es muss etwas geschehen.“

Bevor die beiden Fraktionsvorsitzenden zu den Sachthemen Stellung bezogen, gab es überschwängliches Lob für „motivierte und engagierte Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen, den Schulen, den Ministerien, kurz in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes“. Einig war man sich auch, dass die Beschäftigten im „besten öffentlichen Dienst Europas“, die Basis für die Wirtschaftsleistung des Landes seien und dass eben diese Beschäftigten „Wertschätzung“ verdient hätten. 

Weit zurückhaltender äußerten sie sich zu den Forderungen des BBW. Obwohl ihnen BBW-Chef Rosenberger mit seinen Anmerkungen zur Steuerschätzung  ein Stück weit den Wind aus den Segeln genommen hatte, verzichteten sie nicht auf Äußerungen wie „wir müssen jetzt mit weniger Steuern planen als bisher, das heißt, wir müssen auf Sicht fahren“ (Schwarz) oder  „vor dem Hintergrund der Schuldenbremse müssen wir das Notwendige in den Vordergrund stellen“ (Reinhart).

Dass „Handlungsbedarf bei der Besoldung in den unteren Besoldungsgruppen bestehe“, räumten beide ein. Fraktionschef Schwarz erklärte, die Bündnisgrünen würden genau hinschauen, ob es stimme, was aus Regierungskreisen verlaute, nämlich dass das Besoldungsproblem in den unteren Besoldungsgruppen durch die Gehaltserhöhung im Rahmen der Besoldungsanpassung 2019/2020/2021 gelöst sei. CDU-Fraktionschef Reinhart verwies auf den CDU-Arbeitskreis öffentlicher Dienst, der sich eingehend mit diesem Thema befasst habe und Einkommensverbesserungen in den unteren Besoldungsgruppen für notwendig halte.

Unterstützung signalisierten die Politiker beider Fraktionen auch beim Thema Lebensarbeitszeitkonten. Jetzt gehe es darum praktikable Modelle zu erarbeiten, die für Beschäftigte und Dienstherr gleichermaßen akzeptiert werden können. Für die Rücknahme der Beihilfeverschlechterungen positionierte sich allerdings eindeutig nur CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart.

Im Übrigen räumten Schwarz wie auch Reinhart ein, dass die BBW-Forderungen zwar berechtigt seien, dass man jedoch „den Kuchen nur verteilen könne, wenn man einen Kuchen habe“, wie es der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart formulierte. Der Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen Andreas Schwarz war inhaltlich auf gleicher Wellenlänge, bediente sich jedoch einer anderen Sprachweise: „Wir müssen einen klugen Weg finden, der die Interessen der Verwaltung gleichermaßen berücksichtigt wie die der Beschäftigten.“

Im Anschluss an ihre Statements stellten sich die Politiker den teils auch unbequemen Fragen aus dem Plenum. In dieser Runde kamen auch die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Thekla Walker (Grüne) und Thomas Blenke (CDU) zu Wort.