17. Juli 2019

Im Fokus: Gezielte Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes

BBW und SPD sind sich in vielen Punkten einig

  • Foto: BBW
    Sie erörterten gemeinsam Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes (von rechts) die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland; BBW-Chef Kai Rosenberger; SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch; Jörg Feuerbacher, stellv. BBW-Vorsitzender; BBW-Justiziarin und Geschäftsführerin Susanne Hauth; Reinhold Gall, Parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer und Mitglied der SPD-Fraktionsvorstand; Sabine Wölfle, stellv. SPD-Fraktionsvorsitzende; Peter Hofelich, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion; Joachim Lautensack, stellv. BBW-Vorsitzender. An der Unterredung haben auch die stellvertretende BBW-Vorsitzende Michaela Gebele, BBW-Geschäftsführer Peter Ludwig und die Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion Nicole Matthöfer teilgenommen.

Vor zehn Monaten hatten sich Spitzenvertreter der SPD-Landtagsfraktion und des BBW mit dem Ziel getroffen, gemeinsam ein Paket zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes zu schnüren. Jetzt hat man sich erneut zusammengesetzt, um die gegenseitigen Positionen zu gezielten Maßnahmen abzuklopfen. Fazit: BBW und SPD sind sich in vielen Punkten einig.

Die Nachwuchsprobleme im öffentlichen Dienst lassen sich schon lange nicht mehr schön reden. Mehr als 10 000 Stellen sind verwaist. Nachwuchskräfte bleiben aus. Leidtragende sind die Beschäftigten, die den zusätzlichen Arbeitsanfall auffangen müssen. Es muss etwas geschehen. Das räumen inzwischen auch die grün-schwarze Landesregierung und die sie tragenden Landtagsfraktionen ein. Ein erster Schritt in diese Richtung war der Tarifabschluss TV-L und in der Folge die Anpassung von Besoldung und Versorgung. Doch dieser Schritt allein reicht nicht aus, um den öffentlichen Dienst für Berufseinsteiger attraktiv zu machen. Weitere müssen folgen.

Was ist uns ein funktionierender öffentlicher Dienst wert? Was braucht man für eine solide Ausstattung des öffentlichen Dienstes? Das sind nach Auffassung von SPD-Fraktionschef Andreas Stoch die zentralen Fragen, die es zu klären gilt. Er hält deshalb noch bevor für den Doppelhaushalt 2020/2021 Nägel mit Köpfen gemacht werden eine Debatte über den Wert einer Funktionswende im öffentlichen Dienst für erforderlich.

BBW-Chef Kai Rosenberger hat in den zurückliegenden Wochen jede Gelegenheit genutzt, den grün-schwarzen Entscheidungsträgern die Forderungen des BBW zu unterbreiten, verbunden mit der Erwartung, dass sie zumindest zum Teil im Doppelhaushalt 2020/2021 Berücksichtigung finden.

Im Verlauf der Unterredung mit der SPD wurde deutlich, dass es zwischen Forderungskatalog des BBW und den Überlegungen der SPD zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes viel Übereinstimmung gibt. So hat für beide Seiten eine Korrektur des Besoldungsgefüges oberste Priorität, damit das Abstandsgebot zum Existenzminimum nicht länger gerissen wird. Als vorerst kleine Lösung schlägt der BBW eine Überführung der Besoldungsgruppen A5 und A6 nach A7 vor. Die Kosten dafür bezifferte Rosenberger mit einem einstelligen Millionenbetrag.

Baden-württembergische Beamtinnen und Beamte haben seit 2003 eine 41-Stunden-Woche. Das ärgert die Verantwortlichen beim BBW schon lange. Wie Volker Stich in der Vergangenheit, drängt auch sein Nachfolger Rosenberger immer wieder auf eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit der Tarifbeschäftigten. Bisher vergebens, obwohl Baden-Württemberg bei der Wochenarbeitszeit im Bundesvergleich inzwischen auf Platz 16 rangiert.

Die Landtagsfraktionen der Grünen und insbesondere der CDU werben derzeit für die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten, nicht zuletzt um dem kategorischen Nein der Landesregierung zu einer Korrektur der Wochenarbeitszeit etwas entgegenzusetzen. Der BBW wäre bereit, als Interimslösung Lebensarbeitszeitkonten zu akzeptieren, sozusagen als Einstieg zur Reduzierung der Wochenarbeitszeit, vorausgesetzt die Konditionen stimmen. Das bedeutet: die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten erfolgt auf freiwilliger Basis, ohne Einsparverpflichtung und mit möglichst flexibler Festlegung des Arbeitszeitrahmens.

Im Gegensatz zum BBW steht die SPD der Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten äußerst kritisch gegenüber. Sie bevorzugt zur Flexibilisierung des Arbeitslebens Kurzzeitarbeitskonten über drei bis fünf Jahre und tritt für eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 41 auf 40 Stunden ein.

Einig waren sich die Gesprächspartner, dass die Durchlässigkeit der Laufbahnen noch weiter auszubauen ist. Man war sich einig, dass es auf diesem Weg noch viele Hürden zu nehmen gilt, es sich jedoch lohne, diese Hürden zu überwinden.

Es ist schon schwer genug, Nachwuchskräfte für die Verwaltung des öffentlichen Dienstes zu gewinnen, Ingenieure, Techniker, Ärzte und insbesondere IT-Fachkräfte sind jedoch nur sehr selten für einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst zu haben. Hier müssen besondere Anreize her, um dringend benötigtes Personal anzuwerben und zu binden. Hier müsse das Land als Arbeitgeber und Dienstherr Geld in die Hand nehmen, waren sich die Spitzen von BBW und SPD einig. BBW-Chef Rosenberger könnte sich in diesem Zusammenhang auch eine neue Laufbahn für IT-Fachleute in der Steuerverwaltung vorstellen.